Dr. Andrea Huber (ANGA) zur Digitalen Agenda

Veröffentlicht am 03.12.2014

In Kooperation mit dem Berliner Informationsdienst haben wir vor kurzem auf UdL Digital eine neue Reihe zur Digitalen Agenda gestartet. Ziel ist es, die verschiedenen Positionen, Meinungen und Thesen zu den Inhalten der am 20. August im Bundeskabinett beschlossenen Digitalen Agenda transparent zu machen und die offene Diskussion zu ermöglichen.

Nach der Zivilgesellschaft kommen nun die großen Breitbandverbände zu Wort. Heute bezieht Dr. Andrea Huber, Geschäftsführerin des Verbands Deutscher Kabelnetzbetreiber (ANGA), Stellung zur Digitalen Agenda der Bundesregierung.

Welcher der sieben Maßnahmenbereiche der Digitalen Agenda ist aus Ihrer Sicht der wichtigste?

Aus Sicht der Kabelnetzbetreiber ist das ganz klar der Bereich der „Digitale Infrastrukturen“. Eine leistungsfähige und flächendeckend verfügbare Breitbandinfrastruktur ist Grundlage für alle Pläne, Deutschland zum führenden digitalen Standort in Europa zu machen. Ohne adäquate Anschlüsse bleiben innovative Angebote wie Cloud Computing oder Fernsehen in Ultra-HD begrenzt verfügbar.

Wo sehen sie die größten Schwierigkeiten in der Umsetzung der Digitalen Agenda?

Die entscheidenden Fragen für die Regierung lauten: Wie schaffen wir es, bis 2018 flächendeckend alle Haushalte mit mindestens 50 Mbit/s Bandbreite zu versorgen? Wie gelingt es, die hierfür nötigen Investitionen in bislang unversorgte Gebiete, die sich laut einer Studie des TÜV Rheinlands auf mindestens 20 Mrd. Euro belaufen, zu stimulieren? Die Politik steht somit vor der Herausforderung, den Regulierungsrahmen für Netzbetreiber investitionsfreundlich auszugestalten, die Kosten des weiteren Ausbaus zu senken und Fördermittel für Gebiete mit Wirtschaftlichkeitslücke auszuschreiben.

Foto: ANGA

Woran messen Sie den Erfolg der gesamten Digitalen Agenda?

Der Erfolg der Digitalen Agenda bemisst sich daran, ob es mit ihrer Hilfe gelingt, die großen Chancen von Digitalisierung und Vernetzung für Wachstum und gesellschaftliche Teilhabe nutzbar zu machen. Das bedeutet aus Sicht der ANGA besonders: Kommen wir beim Breitbandausbau voran – nicht nur in der Fläche, sondern auch in Richtung „Gigabit-Gesellschaft“? Gelingt es auf nationaler und europäischer Ebene, Rechtssicherheit für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle im Internet herzustellen? Schafft es die Politik, die Medienregulierung und das Urheberrecht an das digitale Zeitalter anzupassen und so für fairen Wettbewerb zwischen den Plattformen zu sorgen?

Welche Maßnahme fehlt Ihnen in der Digitalen Agenda?

Uns fehlt die Weiterentwicklung der Breitbandstrategie im Hinblick auf Hochgeschwindigkeit. Schon in wenigen Jahren werden 50 Mbit/s allenfalls eine Grundversorgung sicherstellen. Noch dieses Jahr werden einige Kabelnetzbetreiber Anschlüsse mit bis zu 200 Mbit/s anbieten. Heute bucht etwa ein Drittel der Kabelinternetkunden einen Anschluss mit mindestens 50 Mbit/s, 13 Prozent sogar mindestens 100 Mbit/s. Die Netzallianz Digitales Deutschland ist der geeignete Ort, um Maßnahmen für den Breitbandausbau zu erörtern, die der Entwicklung dieser Nachfrage gerecht werden.

Was ist aus Ihrer Sicht das Ziel der Digitalen Agenda?

Die Digitalisierung der Gesellschaft ist ein Querschnittsthema mit Implikationen für viele Lebens- und Politikbereiche. Die Digitale Agenda dient als Bestandsaufnahme und soll einen allgemeinen Kurs für die politische Arbeit festlegen. Das kann die Arbeit im Detail natürlich nicht ersetzen. Die wirkliche Arbeit liegt noch vor der Bundesregierung: Es gilt, die Vielzahl der Wünsche und Ziele in konkrete Maßnahmen zu übersetzen und deren Umsetzung sicherzustellen.

Wie schätzen Sie den Stellenwert des Breitbandausbaus in der Digitalen Agenda ein?

Die Politik hat den Wert einer leistungsfähigen Breitbandinfrastruktur als Grundlage der Digitalisierung erkannt und diesbezüglich ein ehrgeiziges Ziel formuliert. Dieses Bekenntnis muss nun zu konkreten Maßnahmen führen, um die Wertschöpfung in den Netzen zu verbessern, die Ausbaukosten zu senken und den Ausbau in nicht wirtschaftlichen Gebieten zu fördern .

Welche Aspekte der Breitbandversorgung wurden Ihrer Meinung nach vernachlässigt?

Es fehlt eine Strategie, um die zukünftige Versorgung mit Bandbreiten jenseits von 50 Mbit/s sicherzustellen. Wie bereits geschildert, gibt es schon heute viele Kabelkunden, die Angebote von 100 Mbit/s und mehr nachfragen. Dank zusätzlicher Streaming-Angebote in HD und zukünftig Ultra-HD über das Internet steigt der Datenhunger weiter rasant an. Auch Cloud-Anwendungen, innovative videogestützte Gesundheitsdienste oder Anwendungen im Bereich Industrie 4.0 setzen eine leistungsfähige Infrastruktur voraus.

Wo sehen Sie noch gesetzlichen Regulierungsbedarf?

Das geltende Regulierungsregime hat durch den Fokus auf Infrastrukturwettbewerb hohe Bandbreiten und günstige Preise ermöglicht. Um den Fortbestand des Wettbewerbs im Breitbandmarkt zu sichern und Investitionen zu ermöglichen, sollte der aktuelle TK-Regulierungsrahmen beibehalten werden.

Im Medienbereich sehen wir dagegen Deregulierungsbedarf. Online-Videodienste und die Digitalisierung der Übertragungswege haben eine Situation geschaffen, in der das alte Paradigma der Meinungsvielfaltsicherung bei knappen Übertragungskapazitäten längst nicht mehr gilt. Entsprechend kann auch die Plattformregulierung zurückgeführt werden, damit ein fairer Wettbewerb klassischer und neuer Plattformen entsteht.

Hätten Sie sich einen konkreten Zeitplan für die Neuvergabe der Digitalen Dividende II in der Digitalen Agenda gewünscht?

Ein konkreter Zeitplan hängt von mehreren Faktoren ab, die die Bundesregierung nicht allein bestimmen kann. Auf internationaler Ebene steht im nächsten Jahr die Weltfunkkonferenz an, die sich mit der Nutzung der angesprochenen Frequenzen beschäftigen wird. Außerdem besteht nach wie vor Diskussionsbedarf mit den derzeitigen Frequenznutzern sowie den Ländern.

Alle Interviews zur Digitalen Agenda im Überblick gibt es hier.

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