Erfolgsfaktoren für Mobiles Internet: Verbraucher- und Wettbewerbsinteressen gehen Hand in Hand

Prof. Holznagel, Foto: E-Plus Gruppe
Veröffentlicht am 15.11.2010
Dr. Hans Hege
Dr. Hans Hege, Foto: E-Plus Gruppe

In der letzten Woche fand das zweite „ITM & IKM Hauptstadtgespräch“ im Berliner Büro der E-Plus Gruppe statt. Thema des Gesprächskreises war die Vorstellung der ersten beiden Bände der Schriftenreihe „Mobiles Breitband und digitale Öffentlichkeiten“, die von Prof. Dr. Bernd Holznagel (Direktor ITM an der WWU Münster) und Prof. Dr. Klaus Siebenhaar (Institut für Kultur- und Medienmanagement, FU Berlin) herausgeben wird und von der E-Plus Gruppe initiiert wurde. In seiner Begrüßung stellte Prof. Dr. Klaus Siebenhaar heraus, dass das mobile Internet regelrecht eine zweite Netzrevolution in Gang gesetzt hat. Erstmals spüre man die Emergenz der digitalen Öffentlichkeit. Die uneingeschränkte Mobilität sei für die Informatisierung der Gesellschaft eine neue Dimension.

Prof. Holznagel
Prof. Holznagel, Foto: E-Plus Gruppe

Anschließend sprach Dr. Hans Hege (Direktor der Medienanstalt Berlin Brandenburg) als Ehrengast der Veranstaltung über die „Herausforderungen für den Erfolg des mobilen Internets in Deutschland“. Dabei hob er insbesondere die Bedeutung von Frequenzen als knappes und wertvolles Gut hervor. Gleichzeitig warnte er davor, die in der digitalen Dividende versteigerten 800-MHz-Frequenzen mit dem Begriff des mobilen Internets gleichzusetzen. Das 800-MHz-Band diene primär dazu, ländliche Räume aus Gesichtspunkten der Grundversorgung überhaupt an das Internet anzuschließen. Andere Frequenzbänder seien hierzu aber grundsätzlich ebenfalls genau so gut geeignet. Das Geschäftsmodell des mobilen Internets meine in erster Linie eine Breitbandversorgung über Smartphones. Hierzu seien Frequenzen aus der Digitalen Dividende gar nicht notwendig. Alternativen wie HSDPA seien mindestens ebenso gut geeignet und deutlich günstiger.

Prof. Gerpott
Prof. Gerpott, Foto: E-Plus Gruppe

Hinsichtlich der Frage des investitionsintensiven Ausbaus von mobilen Breitbandnetzen plädierte Hege für eine faire wettbewerbliche Öffnung des Mobilfunkmarktes. Chancengleicher Wettbewerb schaffe Infrastrukturen. Das gelte zumindest für den TK-Markt. Wo die Investitionskosten trotz Wettbewerbs zu hoch seien, müssten schließlich Kooperationen zwischen den Netzbetreibern ermöglicht werden. Insgesamt seien die Möglichkeiten mobiler interaktiver Breitbandnetze aus Nutzersicht vielversprechend. Die Herausforderung aus Sicht der Netzbetreiber liege nun darin, die Netze für die neuen datenintensiven Dienste aufzurüsten.

Schlussendlich widmete sich Hege dem Thema Netzneutralität und plädierte für eine Versachlichung der Debatte. Es gebe kein Grundrecht auf Flatrates oder darauf, dass Nutzer für Datenverkehr nicht zahlen müssten. Es sei deshalb wünschenswert, dass Anbieter von Inhalten sich an den von ihnen verursachten Netzkosten beteiligten. Sie könnten entweder für schnelleren Transport oder für Qualität bezahlen. Wichtig zum Schutz der Meinungsvielfalt sei nur, dass es keine inhaltebezogenen Vereinbarungen zwischen Anbietern und Nutzern für besseren Zugang geben dürfe.

Im Anschluss moderierte Dr. Bernd Sörries (Geschäftsführer der Forschungsstelle Mobiles Breitband an der WWU Münster) die Diskussionsrunde „Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der Frequenzausstattung“, an der Prof. Dr. Bernd Holznagel und Prof. Dr. Torsten Gerpott (Leiter des Lehrstuhls Telekommunikationswirtschaft an der Universität Duisburg-Essen) teilnahmen. Die beiden Professoren stellten hierbei ihre Gutachten zur Thematik der Frequenzflexibilisierung des 900-MHz-Bandes vor. Der Ökonom Gerpott gab einen Überblick darüber, wo der Mobilfunk heute in Deutschland steht. Hier stellte er heraus, dass der Anteil der D-Netzbetreiber im Markt sowohl bei Prepaid als auch bei Postpaid aus strukturellen Gründen überwiegt. Als Ursachen hob er zum einen die zeitlich gestaffelte Lizenzvergabe, aufgrund derer die E-Netzbetreiber viel später in den Markt eingetreten seien hervor. Zum anderen spiele auch die hoheitlich bedingte unterschiedliche Frequenzausstattung der Netzbetreiber eine gewichtige Rolle. Diese strukturellen Ungleichheiten seien auch durch des beste Management nicht aufzuholen. Auch im europäischen Kontext stehe Deutschland nur an fünfzehnter Stelle bei der Gleichverteilung.Der Jurist Holznagel stellte heraus, dass aufgrund dieser Wettbewerbsverzerrungen eine Umverteilung der 900- und 1800-MHz-Frequenzen geboten sei. Diese sei auch rechtlich auf Grundlage der europäischen Vorgaben aus der sog. GSM-Richtlinie möglich. Diese verlange von den EU-Mitgliedstaaten, die Wettbewerbsverzerrungen bei einer Flexibilisierung des 900-MHz-Spektrums nicht länger hinzunehmen. Im Interesse der Verbraucher, die von einer wettbewerblichen Bereitstellung von UMTS- und LTE-Diensten sowohl in qualitativer als auch in preislicher Hinsicht profitieren würden, sei eine chancengleiche Verteilung des 900-MHz-Bandes unter den Netzbetreibern erforderlich. Gerpott und Holznagel waren sich vor diesem Hintergrund darin einig, dass die Interessen des effektiven Wettbewerbs und der Verbraucher hier Hand in Hand gehen.

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