Flüchtlingshilfe Digital

Veröffentlicht am 29.10.2015

Wir schaffen das!“ ist keine politische Floskel geblieben, denn unzählige Menschen in ganz Deutschland sorgen derzeit dafür, dass das Versprechen von Bundeskanzlerin Angela Merkel wahr wird. Um in der angespannten Lage schnell Hilfe für Flüchtlinge und Helfer anzubieten, arbeiten immer mehr IT-Entwickler und Hilfsorganisationen zusammen. Nach dem gleichen Prinzip wie seit der Erfindung des Internets Wohnungssuchende und Vermieter oder Autoverkäufer und -käufer auf Plattformen zueinander finden, gelingt die Zusammenführung von Angebot und Nachfrage – bei Sachspenden, Sprachunterricht oder Hilfe im Alltag – immer öfter über digitale Anwendungen.

Gesucht und Gefunden

Wie digitale Hilfe aussehen kann, zeigt das Flüchtlings-Hilfe-Portal HelpTo. Die Initiative ist seit Anfang Oktober online und steht derzeit für Potsdam und zwei weitere Kommunen in Brandenburg zur Verfügung. Zwar steht das Projekt erst am Anfang und einige Kategorien sind noch leer, aber wer Hilfe braucht, kann bei HelpTo einfach sein Gesuch einstellen oder in 10 Kategorien die Hilfsangebote durchforsten und so beispielsweise einen Partner für ein Sprach-Tandem finden. Die bundesweite Nachfrage nach der Potsdamer Plattform ist inzwischen so groß, dass für den 2. November auch der Start in Berlin angekündigt ist. Hannover, Magdeburg, Leipzig, Hamburg sollen demnächst folgen.

Weitere Hilfsplattformen und anderen Anwendungen kommen laufend hinzu. Erst vor Kurzem lud die Internetaktivistin Anke Domscheit-Berg zum #refugeehackathon nach Berlin ein. Dabei trafen vom 23. bis 25. Oktober Menschen, die vor Ort an der Bewältigung der Flüchtlingskrise arbeiten, mit denen zusammen, die technische Lösungen entwickeln können. Bei einem Workshop definierten Helfer und Flüchtlinge zunächst ihre „Wunschliste“, dann läuft die Zeit für Programmierer, Designer und Übersetzer.

Damit die neuen Anwendungen dann auch zum Einsatz kommen können, braucht es allerdings Internet. Die Freifunk-Initiativen, die es überall in Deutschland gibt, engagieren sich dafür, Flüchtlingsunterkünfte online zu bringen. Teils indem sie Nachbarn bitten, ein bisschen von ihrer Bandbreite abzugeben oder indem Richtfunk-Anlagen aufgebaut werden. In mehr als 100 Flüchtlingsunterkünften sind die Bewohner nun online und können auf Hilfsangebote und Informationen zugreifen. Auch Telefónica Deutschland leistet pragmatisch Hilfe und unterstützt mit WLAN-Boxen die Internetversorgung in den Einrichtungen.

Unterstützung von Unternehmen und Mitarbeitern

Einen Schritt vorher setzt SAP an. Die Walldorfer wollen eine App entwickeln, die das Aufnahmeprozedere abkürzt und die Verteilung erleichtert. Während derzeit die vor Ort erfassten Daten vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) oft nicht weiterverarbeitet werden können und ein Überblick über freie Kapazitäten fehlt, könnte mit der App alles in Echtzeit möglich sein. Die Daten der Flüchtlinge sollen mit der App unkompliziert erfasst und allen beteiligten Stellen zur Verfügung gestellt werden. Gleichzeitig will SAP die aktuellen Aufnahmekapazitäten im gesamten Bundesgebiet transparent machen.

Auch andere Unternehmen leisten Hilfe, wie der Arzneimittelhersteller Stada, der Medikamente an Hilfsorganisationen liefert, oder Adidas, die Kleidung bereitstellen. Daneben werden Mitarbeiter aufgerufen, sich zu engagieren. Die Adidas-Mitarbeiter laden zum Beispiel an den Unternehmensstandorten in Herzogenaurach, Erlangen und Nürnberg zum Fußballspielen ein, um durch gemeinsame Aktivitäten die Eingewöhnung zu erleichtern. Eine Produktmanagerin bei Google hat ihren Arbeitgeber bereits früh davon überzeugt, dass noch mehr getan werden muss. Rita Masoud, die selbst als Kind aus Afghanistan nach Europa geflohen ist und nun in Kalifornien arbeitet, bittet auf dem Unternehmensblog um Spenden an Ärzte ohne Grenzen, International Rescue Committee, Save the Children und UNHCR. Google selbst stellt 10 Millionen Euro zur Verfügung und verdoppelt alle Hilfsgelder, die über Google eingereicht werden.

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