Interview mit Jens Koeppen MdB

Veröffentlicht am 30.04.2015

Der Bundestagsabgeordnete Jens Koeppen stellt sich dem Interview mit UdL Digital. Nach einem Jahr Bundestagsausschuss Digitale Agenda möchten wir erfahren, welche Ergebnisse erreicht wurden und wo aus Sicht der politischen Entscheider noch etwas zu tun bleibt.

Jens Koeppen ist seit Februar 2014 Vorsitzender dieses Ausschusses Digitale Agenda, seit 2005 ist er Mitglied des Deutschen Bundestags. Dort vertritt er als direkt gewählter Abgeordneter den Wahlkreis Uckermark/Barnim I. Der gelernte Elektro-Techniker schloss sich 1989 dem Neuen Forum an und ist seit 1997 Mitglied der CDU. Jens Koeppen ist verheiratet und hat eine Tochter.

Ein Jahr Ausschuss Digitale Agenda

Wir begehen das Jubiläum ein Jahr Bundestagsauschuss Digitale Agenda. Gleichzeitig hat die Bundesregierung einen ersten Bericht zum Stand der Umsetzung ihrer im vergangenen Jahr beschlossenen Digitalen Agenda 2014 – 2017 vorgelegt. Wo können jetzt schon Ergebnisse besichtigt werden? Welche Aspekte sind Ihrer Ansicht nach bisher zu kurz gekommen?

Die Einrichtung des Ausschusses hat viel in Bewegung gesetzt. Digitale Themen sind jetzt ständig in der politischen Diskussion und der Entscheidungsfindung präsent. Kaum eine Vorlage, die nicht auch in unserem Ausschuss beraten wird. Der digitale Blickwickel ist mittlerweile bei den meisten Entscheidungen gefragt. Auch in der Bundesregierung hat jetzt jedes Ressort seine Digitale Agenda, die engagiert vorangetrieben wird. Wir haben das Thema aus der Nische geholt. Es wurde in einem Jahr viel angestoßen, vorangebracht und auch an gesetzlichen Initiativen vorgelegt. Stichwortartig möchte ich nennen: Weichenstellung für die Versteigerung von Frequenzen – Dividende II, Vorlage des Entwurfs des IT-Sicherheitsgesetzes, die E-Heath-Initiative, das Kleinanlegerschutzgesetz zur besseren Förderung von Start ups, die Einrichtung der Plattform für Industrie 4.0 oder das WLAN-Fördergesetz. In allen Politikbereichen und von allen Ministerien wurde die Herausforderung Digitalisierung angenommen! In diesem Zusammenhang wird aber immer wichtiger, dass wir noch stärker als bisher europäisch denken. Der europäische Binnenmarkt sichert Arbeitsplätze, Wirtschaftswachstum und letztendlich einen großen Teil unseres Wohlstands in Deutschland. Wir brauchen auch für digitale Angebote einen europäischen Binnenmarkt.

Digitale Impulsgeber – gefunden und gesucht?

Wer waren für Sie im letzten Jahr die wichtigsten politischen Impulsgeber zur Digitalen Agenda und wessen Stimme sollte mehr Gehör finden?

Es gibt viele Persönlichkeiten, die mir hier persönlich einfallen. Als erstes die Kanzlerin. Sie hat das Thema in die Breite der Regierungsarbeit getragen. Kaum eine Rede im Plenum, in der sie nicht die Bedeutung der digitalen Transformation für unser Land verdeutlicht hat. Günther Oettinger, der das Energieressort auf EU-Ebene mit der Verantwortlichkeit für Digitale Wirtschaft getauscht hat. Mit dem Tausch ging ein Ruck durch die politischen Reihen und viele Wirtschaftsbereiche. Nicht nur in Deutschland. Dass Deutschland den Zugriff für den digitalen Bereich für sich beansprucht hat, hat unübersehbar gemacht, welchen Stellenwert mittlerweile die Digitalisierung hat. Es ist auch unübersehbar, dass wir handeln. Für mich hängt der Erfolg der Digitalen Agenda ganz wesentlich auch davon ab, dass es für diesen Wandel eine breite gesellschaftliche Akzeptanz gibt. Jeder, der hier Pflöcke einschlägt, ist für den Gesamtprozess enorm wichtig.

Zieljahr 2017

Welche drei Ziele sollten Ihrer Meinung nach bis zum Jahr 2017 auf jeden Fall erreicht sein?

Wir werden mehr als drei Ziele bis 2017 erreichen! Nahezu alle Bürgerinnen und Bürger werden einen schnellen Internetzugang von mindestens 50 Mbit/s nutzen können. Die Datenschutzgrundverordnung, die einen fairen Ausgleich zwischen Datenschutzniveau und wirtschaftlicher Nutzung von Daten für Innovationen schafft, muss auf EU-Ebene beschlossen sein. Die Bundesländer sollten zumindest die Einführung eines Schulfachs „Digitale Kompetenz“ beschlossen haben. Wir sollten wissen, in welche Richtung es mit Industrie 4.0 geht, für das autonome Fahren sollte der infrastrukturelle Rahmen, den wir brauchen, definiert sein. Damit wir die Chancen der Digitalisierung bestmöglich nutzen können, müssen wir schnell sein.

Digitale Zukunft: Freiheit oder Sicherheit?

Was ist aus Ihrer Perspektive der zentrale Wert der digitalen Zukunft: Freiheit, Sicherheit oder etwas ganz anderes?

Freiheit und Sicherheit gehören für mich untrennbar zusammen. Das gilt 1:1 auch für die Digitale Zukunft. Gerade für mich als Ostdeutscher ist es immer noch sehr präsent, was ein Leben in Unfreiheit bedeutet. Wir sollten diese Werte bei all unseren Entscheidungen immer mitdenken und wahren!

Digitale Gestaltungskraft

Oft wird der Politik vorgeworfen, bei der Regulierung nicht mit der technischen Entwicklung Schritthalten zu können. Wie beurteilen sie die Gestaltungskraft der Politik?

Wir dürfen uns nicht auf das Reagieren auf kommende Herausforderungen reduzieren, sondern wir sollten den Anspruch haben, vorzudenken und zu agieren. Wir haben die digitale Entwicklung zu lange beobachtet. Es ist dringend angezeigt, dass wir uns auf das Spielfeld begeben. Wir sind keine Zuschauer – wir sind aktive Player! Die Digitalisierung soll hier in unserem Land Wohlstand sichern und schaffen. Dafür brauchen wir Rahmenbedingungen, die Innovationen ermöglichen und gleichzeitig die Rechte der Verbraucher, Nutzer oder auch der Allgemeinheit insgesamt schützen. Ganz klar ist dabei, dass wir für diese Regulierung auf den intensiven Austausch mit Wirtschaft, Wissenschaft und Verbraucherschützern angewiesen sind. Politische Entscheidungen können ohne diesen Diskurs keine guten Ergebnisse bringen. Wer die Politik kritisiert, ist daher herzlich eingeladen bei der politischen Entscheidungsfindung mitzuwirken. Nur die Abwägung der unterschiedlichen Sichtweisen und Erfahrungen sichert am Ende ein gutes, zeitgemäßes, Ergebnis und sichert letztendlich auch die Gestaltungskraft der Politik.

Wissen aus Internet-Enquete nutzen?

Die Enquete-Kommission „Internet und Gesellschaft“ hat in der vergangenen Legislaturperiode viele Handlungsempfehlungen gesammelt, davon sind bisher nur wenige weiterverfolgt worden. Gibt es Pläne, das umfangreiche Wissen, das dort zu vielen wichtigen Themen bereits erarbeitet wurde, stärker zu nutzen?

Ich selbst schätze die Arbeit der Enquete-Kommission sehr hoch. Politik und externe Experten aus Wirtschaft Und Wissenschaft haben wichtige Grundlagen für künftige politische Entscheidungen erarbeitet. Die meisten Parlamentarier, die in der letzten Legislaturperiode in der Enquete mitgearbeitet haben, sind jetzt auch Mitglieder des Ausschusses Digitale Agenda. Schon diese personelle Kontinuität sichert, dass die Arbeit der Enquete-Kommission ständig in aktuelle Initiativen, Bewertungen und Vorschläge einfließt und weiterentwickelt wird.

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