Breitbandausbau: Helge Brauns „glasklares Nein zu Vectoring“

Helge Braun, designierter Bundeskanzleramtschef. Foto: Bundesregierung/ Kugler
Veröffentlicht am 14.03.2018

Anstelle des zuständigen Ministers für Verkehr und digitale Infrastruktur hat in der vergangenen Woche der designierte Bundeskanzleramtschef Helge Braun (CDU) mit einem zentralen Kritikpunkt am Koalitionsvertrag aufgeräumt: der von den Branchenverbänden vermuteten Fortführung der Vectoring-Förderung in der neuen Legislaturperiode. In einem Interview mit dem ZDF stellte Braun klar:

„Wir fördern jetzt nur noch Glasfaser, weil wir sagen, das ist die Zukunftstechnologie, die die Gigabit-Geschwindigkeit möglich macht. Die Sorge, die manche hatten, dass wir Kupferkabel fördern, dass wir Vectoring finanzieren mit staatlichen Mitteln – das tun wir nicht – sondern wir wollen wirklich auf die neue Technologie setzen.“

„Neue Förderstrategie“

Die Verbände der Breitband-Branche hatten befürchtet, dass der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD eine Vectoring-Förderung nicht ausschließt. In die finale Fassung hatte es die ursprünglich im Sondierungspapier vorgesehene Formulierung aus dem Sondierungspapier geschafft:

„[Die] öffentlichen Fördermittel werden wir so einsetzen, dass ausschließlich Ausbauabschnitte förderfähig sind, die mit Glasfasertechnologie ausgebaut werden.“

Diese Betonung der „Abschnitte“ wurde von den Branchenverbänden so bewertet, dass auch weiter das Vectoring der Deutschen Telekom gefördert werden kann.

Braun spricht nun aber von einer gänzlich neuen Förderstrategie:

„Wir würden jetzt nicht mehr sagen, wir geben öffentliches Geld, um die 50 Mbit irgendwo zu erreichen, sondern wenn wir jetzt in einer Region, in einer Straße, in einem Haushalt neu öffentliche Fördermittel in Angang bringen, dann muss das gleich Glasfaser sein.“ Braun weiter: „Jetzt quasi auf alter Technologiebasis weiterzuarbeiten, das halten wir nicht für richtig.“

Vorrang soll es laut dem designierten Kanzleramtschef für Haushalte geben, die noch keine 50 Mbit/s-Anschlüsse haben.

Verbände

Helge Braun, designierter Bundeskanzleramtschef. Foto: Bundesregierung/ Kugler
Die Branchenverbände begrüßten den „Kurswechsel der neuen Bundesregierung bei der Breitbandförderung“, wie ihn VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner bezeichnete, auch wenn der designierte Infrastrukturminister Andreas Scheuer (CSU) diesen noch nicht öffentlich bestätigte. Es müssen nun laut Grützner „Fördermittel schneller fließen“, „massiv Bürokratie abgebaut“ und „die Verfahren beschleunigt“ werden. Auch müsse die Diskussion um „Regulierungsferien“ auf EU-Ebene für die Deutsche Telekom beendet werden, fordert der VATM.

Finanzierungsspielraum

Braun betonte im ZDF-Interview, dass die Bundesregierung bereit sei, in der neuen Legislaturperiode „sehr viel Geld auszugeben“. Im Koalitionsvertrag sind zehn bis zwölf Milliarden Euro vorgesehen, die aus den Erlösen der Vergabe von UMTS- und 5G-Lizenzen finanziert werden sollen.

„Wir hatten in der letzten Legislaturperiode nicht mal einen Bruchteil der zehn bis zwölf Milliarden zu Verfügung, die wir diesmal ausgeben wollen“, so Braun.

Wenn ein Unternehmen allerdings eigenverantwortlich einzelnen Haushalten im ländlichen Raum per Vectoring-Technologie schnelleres Internet zur Verfügung stellen will, „dann können wir das natürlich einem privaten Anbieter nicht verbieten, aber fördern werden wir es nicht“, sagte Braun.

Breitbandziel

Die seiner Ansicht nach „völlig verfehlte Strategie“ der letzten Jahre monierend, mahnte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz, gegenüber dem ZDF an, das Breitbandziel zu konkretisieren. Das „Versprechen über die Legislatur hinaus, also ein Versprechen für das Jahr 2025“ sei seiner Ansicht nach sonst „nutzlos“. Auch Dr. Stephan Albers, Geschäftsführer des BREKO, findet, dass Deutschland nach wie vor ein „eindeutiges Glasfaser-Infrastrukturziel der Bundesregierung“ brauche, „um Rechts- und Planungssicherheit für all diejenigen Unternehmen zu schaffen, die Glasfaseranschlüsse bis in die Gebäude ausbauen und damit die Zukunftsfähigkeit Deutschlands sichern.“ Dass man drei Jahre lang „in die falsche Richtung gefahren“ sei, findet auch VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner.

„Wir müssen jetzt wenden und das Gaspedal durchtreten. Sobald Planungssicherheit besteht, Open Access gesichert ist und das Thema Regulierungsferien auch in Brüssel ausgeräumt ist, werden die Investitionen fließen und die Telekom wird ihre strategische Verzögerungspolitik aufgeben. Dann wird der Wettbewerb endlich Wirkung entfalten können“,

so seine Prognose.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL DigitalLina Rusch schreibt über Netzpolitik und beobachtet die Landespolitik. 

UPDATE 15.03.2018: Die Aussage „Wir müssen jetzt wenden und das Gaspedal durchtreten. Sobald Planungssicherheit besteht, Open Access gesichert ist und das Thema Regulierungsferien auch in Brüssel ausgeräumt ist, werden die Investitionen fließen und die Telekom wird ihre strategische Verzögerungspolitik aufgeben. Dann wird der Wettbewerb endlich Wirkung entfalten können.“ wurde in einer früheren Version dieses Artikels fälschlicherweise BREKO-Geschäftsführer Stephan Albers zugeordnet, stammt aber von VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner. 

Schlagworte

Empfehlung der Redaktion