Computerkriminalität: Verschärfung der Strafverfolgung im Netz

Foto: CC0 1.0, Pixabay / ar130405 / Ausschnitt bearbeitet
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Veröffentlicht am 11.06.2019

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Für 2018 weist die Polizeiliche Kriminalstatistik 110.475 Fälle von „Computerkriminalität“ aus. Das sind 1,8 Prozent mehr als 2017 bei einer gleichzeitig von 39,3 auf 37,6 Prozent gefallen Aufklärungsquote. Zum Vergleich: 2018 gab es rund 40.000 Straftaten gegen das Waffengesetz, von denen 92,3 Prozent aufgeklärt worden. Von 350.000 angezeigten „Rauschgiftdelikten“ wurden 92,4 Prozent aufgeklärt. In allen drei Fällen muss von einer signifikanten Dunkelziffer ausgegangen werden. Vor diesem Hintergrund sind mehrere Bundesländer aktiv geworden und fordern Änderungen am Strafrecht, um Computerkriminalität besser bekämpfen zu können. Auf der Tagesordnung der Bundesratssitzung am 7. Juni stehen dazu mehrere Landesanträge, die das Ziel verfolgen, den strafrechtlichen Daten- und Informationsschutz grundlegend zu überarbeiteten. Die bestehenden Strafvorschriften reichen nach Ansicht der Länder nicht mehr aus, um der Komplexität der Computerkriminalität gerecht zu werden. Die vorliegenden Anträge aus Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Bayern fordern im Kern, den Strafverfolgungsbehörden mehr Freiräume in der digitalen Ermittlung zu erlassen.

Angespannte Bedrohungslage im Internet

Gerade erst veröffentlichte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) eine Liste mit Sicherheitsdienstleistern, um Unternehmen besser vor Cyberangriffe zu schützen. Das BSI warnte vor Trojaner-Angriffen, die immer professionellere Wege zur Online-Spionage finden würden. BSI-Präsident Arne Schönbohm diagnostiziert seit einiger Zeit „eine dauerhaft angespannte Bedrohungslage im Bereich der IT-Sicherheit und zwar über alle Branchen hinweg. Wir sehen Produktionsausfälle in Folge von Cyberangriffen, wir sehen Fälle von gezielter Wirtschaftsspionage und wir sehen grundsätzlich eine zunehmende Professionalisierung der Angriffsmethoden“. Zur Modernisierung des Cyberstrafrechts legten die Landesregierungen Bayern und Nordrhein-Westfalen dem Bundesrat Gesetzesanträge zur Überarbeitung des digitalen Strafrechts vor. Dem Entwurf zufolge soll es wie in der analogen Welt, auch im Digitalen „eine vernünftige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit“ geben, die „angesichts der Bedrohungslage“ neu ausbalanciert werden müsse.

Überwachung Telekommunikation

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Laut der Begründung der NRW-Landesregierung, sei die Kehrseite der Digitalisierung, das „Daten und Datenverarbeitungssysteme immer häufiger im Fokus von organisierten kriminellen Strukturen“ landen. Beide Gesetzesanträge fordern neben härteren Strafen für Datenklau und Cyberattacken, den Strafverfolgern mehr Freiräume in der Überwachung Verdächtiger zu gewähren. Verstärkt soll die digitale Kommunikation ins Auge gefasst werden. Damit Ermittlungen im Verdachtsfall auf Cyberkriminalität effektiver aufgeklärt werden könnten, müssten laut den Anträgen die Anwendungsbereiche der Telekommunikationsüberwachung, der Online-Durchsuchung und der Verkehrsdatenerhebung ausgeweitet werden. Dazu wollen die Länder den „Katalog für Telekommunikationsüberwachung auf Computer- und Datendelikte“ erweitern.

Hamburg gegen eine „punktuelle Änderung“

Hamburg hat zum gleichen Thema einen Entschließungsantrag in den Bundesrat eingebracht, der die Bundesregierung auffordert, eine Reformkommission zum Computerstrafrecht einzuberufen. Diese soll aus Experten für Straf-, Verfassungs- und Zivilrecht, Informatik, Datenschutz und Datenethik zusammensetzt werden. Aus Sicht des Hamburger Senats sei eine „punktuelle Änderung“ des Strafrechts nicht zielführend. Stattdessen müsste eine „systematische und grundlegende Überarbeitung des strafrechtlichen Daten- und Informationsschutzes“ in Angriff genommen werden.

Der Antrag Bayerns ist bereits dem Rechtsausschuss des Bundesrates zugeleitet worden. Die Anträge aus NRW und Hamburg stehen am Freitag zu ersten Beratung an. Sollte einer der Gesetzesanträge in der zweiten Beratung eine Mehrheit finden, müsste sich der Bundestag damit befassen.

Seehofer zwingt zu Entschlüsselungen

Während sich die Länder mit der Verschärfung des Strafrechts im digitalen Bereich beschäftigen, will Bundesinnenminister Horst Seehofer staatlichen Ermittlern den Zugang zu verschlüsselten Telefonaten und Chats gewähren. Messengerdienste wie WhatsApp, Telegram und Threema sollen dazu verpflichtet werden, die Kommunikation ihrer Nutzer zu speichern und diese an Behörden weiterzugeben. „Es geht darum, dass Provider den Sicherheitsbehörden auf richterlichen Beschluss die lesbare Kopie einer ursprünglich verschlüsselten Kommunikation aushändigen sollen“, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums gegenüber der Süddeutschen Zeitung.

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