Datenregulierung: Die SPD will #Datenfüralle

Veröffentlicht am 21.02.2019

Nachdem sich das Bundeskartellamt gegen den „Datenmonopolisten“ Facebook positioniert hat, kommt von SPD-Chefin Andrea Nahles ein Diskussionspapier für ein „Daten-für-alle-Gesetz“. Ziel: Privatwirtschaftliche Datenmonopole aufbrechen, um Wettbewerb und digitalen Fortschritt in der Breite der Gesellschaft zu fördern. Am 14. Februar versammelten sich 21 Experten und Stakeholder im Willy-Brandt-Haus, um das Diskussionspapier bei dem von Andrea Nahles initiierten Workshop „Digitaler Fortschritt durch ein Daten-für-alle-Gesetz“ genauer unter die Lupe zu nehmen.

Der Plan von einer „Kultur des Datenteilens“

Foto: CC BY 2.0, Flickr. Credit: Thought Catalog

Wer künftig Daten zu weiterverwertbaren Informationen aufarbeitet, um damit digitale Produkte zu optimieren, hat die Nase im digitalen Wettbewerb vorn. Denn „Daten sind der Rohstoff des 21. Jahrhunderts“, sagte die SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles zu Beginn der Diskussionsveranstaltung. Mit dem Konzept zur anonymisierten Datenteilung will Nahles den „fairen Wettbewerb in der digitalen Marktwirtschaft“ fördern und einen entscheidenden Impuls für Innovationen „Made in Europe“ setzen. Dazu hat die SPD-Spitze drei Kernforderungen definiert:

  1. Daten als Gemeingut
  2. Datenteilungspflicht für Datenmonopolisten
  3. Anreize für gemeinsame und sichere Datenpools innerhalb Europas

Gemeinsam mit Vertretern und Experten aus der Wissenschaft, Zivilgesellschaft und der digitalen Wirtschaft wurden im SPD-Workshop zwei wesentliche Fragen diskutiert:

  1. Sind die im Positionspapier angeführten Maßnahmen geeignet, um der Zielsetzung gerecht zu werden?
  2. Wo muss der Entwurf konkretisiert werden, um den Wettbewerb und die Innovation zu erhalten und zu fördern?

Von der Datenschutzgrundverordnung zur Datennutzgrundverordnung

Aus Sicht des Autors Thomas Ramge hat der Gesetzesvorschlag von Andrea Nahles das Potenzial „eine Erweiterung der europäischen Datenschutzgrundverordnung hinzu einer Datennutzgrundverordnung“ umzusetzen. Marc Al-Hamas Geschäftsführer des Start-ups CLIQZ – das Browsen ohne Datenweitergabe und ein Internet aus Perspektive des Nutzers verspricht – sieht das hingegen ganz anders und sagte:

„Daten sind nicht das Öl des 21. Jahrhunderts, Daten sind der Atommüll.“

Anonymisierte Datenveröffentlichungen marktdominierender Unternehmen würden die „Daten entweder nutzlos machen oder sie zum Bau einer Atombombe für die Privatsphäre befähigen“.

Chancen für den digitalen Mittelstand

Ein Problem der Datenökonomie sind dem SPD-Papier zufolge „technologisch inhärente Monopoltendenzen“. Einige Digitalkonzerne hätten sich bereits „zu einem ‚datenindustriellen Komplex‘ mit großer ökonomischer und gesellschaftlicher Macht entwickelt“. Kleine Unternehmen könnten diesen Monopolen nicht standhalten, wie Marc Zgaga vom Mittelstandsverbund bestätigt. Er sieht den Entwurf der SPD als neue Möglichkeit für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), künftig in „einem Level Playing Field“ zu spielen. Bisher fehle KMUs „grundsätzlich der Zugang zu Daten“, was sich negativ auf die Innovationsfähigkeit der Unternehmen auswirkt. Thomas Höppner von der Technischen Universität Wildau befürchtet dagegen „Kollateralschäden“, wenn die Marktmacht von Unternehmen das einzige Kriterium ist, wonach sie zur Herausgabe ihrer Daten verpflichtet werden.

Herausforderung bei der Daten-Anonymisierung

Voraussetzung für die geplante Datenteilungspflicht ist eine gesetzliche Regelung, dass Daten, die als Gemeingut zählen, in vollständig anonymisierter und aggregierter Form weiterverwendet werden. Doch für viele Diskussionsteilnehmer war unklar, wie eine ausreichende Anonymisierung der Daten gewährleistet ist und wie eine De-Anonymisierung ausgeschlossen werden kann. Peter Dabrock, Vorsitzender des Deutschen Ethikrats nannte die Herausforderung der Datenveröffentlichung ein „Hase und Igel Spiel.“ Überlegungen zur „Balance zwischen Datenschutz, Wettbewerb und Innovation“ gingen in die richtige Richtung, allerdings halte er eine komplette Anonymisierung der Daten für nicht realisierbar. Profitieren würden vor allem große Konzerne, die in der Lage wären, „durch eine De-Anonymisierung der Daten ihre eigenen Unternehmensprofile zu schärfen“. Gegen eine De-Anonymisierung schlug Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), ein strafbewehrtes Verbot von Maßnahmen zur Re-Personalisierung vor.

Digitalisierung muss europäisch gedacht werden

Neben der Anonymisierung sieht Susanne Dehmel, in der Bitkom-Geschäftsleitung für Recht & Sicherheit zuständig, noch ein weiteres Problem:

„Gerade im digitalen Bereich sind Gesetze auf Bundesebene nicht ausreichend.“

Obwohl die SPD Anreize schaffen will, um europäische Unternehmen zu motivieren, Daten gemeinsam zu nutzen, müsste laut Dehmel zumindest über „eine gesetzliche europäische Richtlinie“ nachgedacht werden. Google als mitunter bekanntester Datensammler, sei „grundsätzlich bereit Daten zur Förderung von technologischen Innovationen weiterzugeben“. Dennis Kaben, Legal Director bei Google betonte, dass der Konzern dem Vorhaben der EU „einen einheitlichen europäischen Datenraum zu schaffen, positiv gegenübersteht.“ Doch die größere Herausforderung liege nach Kaben darin, Produkte mit Daten zu optimieren, als den Zugang zu Daten zur gewähren.

Am Konzept muss gefeilt werden

Insgesamt stieß der Vorschlag der SPD bei Teilnehmern aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft überwiegend auf Zustimmung. Dagegen stehen Vertreter aus der Wirtschaft einer Pflicht zur Datenteilung kritischer gegenüber. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber sieht in dem Diskussionspapier eher „die Vorteile als die Bedenken“, pocht aber auf eine Weiterentwicklung des Entwurfs sowie eine starke Missbrauchsaufsicht. Oliver Suchy, Leiter der Abteilung Digitale Arbeitswelten und Arbeitsweltberichterstattung beim DGB, begrüßte den Vorstoß, forderte jedoch:

„Es kann nur ein Baustein sein, wenn wir über Marktbeherrschung sprechen.“

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