Die Folgen des Daten-Leaks: „Bye bye Twitter und Facebook“ – Robert Habeck kehrt Social Media den Rücken

Foto: CC BY 2.0 Flickr User thomas lapperre. Credit: Bloei.se.
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Veröffentlicht am 09.01.2019

Seit letzter Woche ist der „Twitter-Adventskalender“ bestimmendes Thema in der politischen Debatte. Unter dem Pseudonym „G0d“ wurden Links, die zu persönlichen Daten von Politiker*innen führten, veröffentlicht – ein Potpourri privater Daten; darunter Handynummern, Privatadressen, Chatverläufe, Kopien von Personalausweisen, Rechnungen, Briefe und Kontoauszüge. Grünen-Chef Robert Habeck, der ebenfalls betroffen ist, hat die Nase voll. Unter der Überschrift „Bye bye, Twitter und Facebook“ kündigte der Grünen-Politiker auf seinem Blog an, Facebook und Twitter zu verlassen. Warum? Neben der Veröffentlichung der privaten Chatverläufe mit seiner Familie erhielt er wegen einer verfehlten Wahlkampf-Äußerung auf Twitter reichlich Kritik und löste damit einen Shitstorm aus. Und jetzt? Immer wieder wird behauptet, Twitter sei in der Politik die Kommunikationsplattform zwischen Politikern und Bürgern. Ist damit bald Schluss? Ziehen Habecks Kollegen ebenfalls die Reißleine? 

Sind die Grünen von Social Media genervt?

Das Jahr 2019 beginnt für die Grünen suboptimal. Dabei war 2018 so gut gelaufen.

„Tw­­­­itter ist, wie kein anderes digitales Medium so aggressiv und in keinem anderen Medium gibt es so viel Hass, Böswilligkeit und Hetze. Offenbar triggert Twitter in mir etwas an: aggressiver, lauter, polemischer und zugespitzter zu sein – und das alles in einer Schnelligkeit, die es schwer macht, dem Nachdenken Raum zu lassen“,

schrieb Habeck auf seiner Internetseite. Twitter sei ein „sehr hartes Medium, wo spaltend und polarisierend geredet wird“, sagte er weiter. Aber nicht nur Habeck hat von den digitalen Netzwerken genug, auch Parteikollegin Katharina Schulze schaltete ab: und zwar ihre Instagram-Kommentarfunktion. Aus ihrem Urlaub in Los Angeles postete sie ein Foto von einem Eisbecher mit Plastiklöffel. Dafür gab es reichlich Kritik. Sei sie doch sonst immer so strikt gegen Plastik.

Funktioniert Wahlkampf auch offline

Habeck, der fast 50.000 Freunde auf Facebook hatte und dem fast ebenso viele Menschen auf Twitter folgten, ist sich im Klaren darüber, dass er auch ein Wahlkampfinstrument aus der Hand gibt:

„Kann sein, dass das ein politischer Fehler ist, weil ich mich der Reichweite und direkten Kommunikation mit doch ziemlich vielen Menschen beraube. Aber ich weiß, dass es ein größerer Fehler wäre, diesen Schritt nicht zu gehen.“

Wenn es nach dem Politberater und Kommunikationsexperten Martin Fuchs geht, ist Twitter das wichtigste Instrument für bundespolitische Kommunikation. Die Entscheidung Robert Habecks dagegen sei konsequent, doch könne er nun nicht mehr den „Diskurs um eine positive Diskurskultur mitführen.“, wie er dem Deutschlandfunk sagte.

Der Proteststurm kommt von der SPD

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Foto: CC BY 2.0 Flickr User thomas lapperre. Credit: Bloei.se.

Während einige Parteikolleg*innen von Habeck seinen Ausstieg bedauern, holt die Vorsitzende des FDP-Finanzausschuss Bettina Stark-Watzinger noch einmal zum Gegenschlag auf Twitter aus. Doch die meisten Tweets zum Thema kommen von der SPD. „Politiker müssten dort sein, wo Debatten stattfinden“, sagt SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil.

„Es ist richtig, sich für eine demokratische und faire Debatte im Netz einzusetzen. Schade, dass Robert Habeck sich dagegen entschieden hat.“

Wesentlich gelassener sieht es SPD-Parteikollegin Sawsan Chebli und reagiert auf den angekündigten Rückzug von Robert Habeck mit einem Tweet, der insgesamt 89 Mal geteilt wurde: „Glaube keinem, der prominent auf Twitter unterwegs ist und behauptet, Twitter färbt nicht ab. Klar macht Twitter was mit uns. Frage ist, wer kontrolliert wen: Twitter Dich oder Du Twitter. Sollten Habecks Entscheidung respektieren und nicht nachtreten.“. Auch die SPD Berlin reagierte mit einem Tweet auf die Entscheidung Habecks, konnte sich eine rhetorische Spitze allerdings nicht verkneifen:

„Wir sind (und bleiben) bei Twitter. Und wir sind der SPD-Landesverband mit den meisten Followern.“

Juso-Chef Kevin Kühnert versucht sich in der Debatte als die neutrale Mitte zu positionieren und schreibt in einem Tweet:

„#Habeck|s Rückzug von #Twitter und FB kann man finden, wie man will. Aber können bitte alle, die sich deshalb um wehrhafte #Demokratie im Netz sorgen, auch mal ihre drölftausenden Mandatsträger*innen in den Blick nehmen, die aus Prinzip den Dialog im Netz seit Jahren verweigern?“

Komme was wolle – Habeck geht!

Der Hashtag #BleibRobert scheint den Politiker nicht gehalten zu haben. Mit der Gegenbewegung versuchten Follower*innen den Grünen von seiner Entscheidung abzubringen. Mittlerweile sind sowohl Habecks Twitter- als auch sein Facebook-Profil gelöscht. Auf Twitter existiert bereits unter dem Namen „The Real Robert Habeck“ ein neuer Fake-Account. Der erste veröffentlichte Post:

„Habeck for good! Hab’s mir anders überlegt: Ich bleibe, ihr geht.“

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