Digitaler Handel: Auswirkungen auf Stadt und Mensch

Veröffentlicht am 11.01.2018

Alljährlich zur Weihnachtszeit prägt neben geschmückten Weihnachtsbäumen, Glühweinständen und Lichterketten ein Gefährt das Straßenbild: der Transporter. Geparkt in der zweiten Reihe bringt er die bestellten Weihnachtsgeschenke oder den Weihnachtsbaum bis vor die Haustür. Auch zur restlichen Jahreszeit haben die Paketdienste ordentlich zutun: Über drei Milliarden Pakete werden pro Jahr mittlerweile quer durch Deutschland transportiert. Der Onlinehandel boomt. Allein dieses Jahr erwartet der Handelsverband Deutschland (HDE) in diesem Bereich ein Wachstum von knapp zehn Prozent. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf Stadtbild, Beschäftigte und Händler.

Foto: CC BY-SA 2.0 Flickr User hrp_images now. Bildname: Online Shopping & Ecommerce. Ausschnitt bearbeitet.

Vorteile für Kunden und Händler

Shopping rund um die Uhr, keine langen Warteschlangen an der Kasse und entspanntes Begutachten der Produkte zuhause – für den Endkunden ist Online-Shopping vor allem bequem und mit geringem Organisationsaufwand verbunden. Und auch für die Händler hat der E-Commerce Vorteile. Die Handelsmarge, die man offline – also als stationäres Geschäft – braucht, um zu überleben, ist sehr hoch im Vergleich zu der Marge, die man als Onlinehändler benötigt. Insbesondere in den Bereichen Konsumelektronik, Smartphone-Zubehör und teilweise auch Fashion wird sehr stark online gehandelt. Während der kleine Spielzeugladen, Buchladen oder Dekoladen in vergangenen Jahrzehnten von großen Ketten bedroht wurde, ist es jetzt der E-Commerce, insbesondere vorangetrieben durch Amazon und Co, der die großen Kaufhäuser bedrängt. Diese versuchen indessen auf das Pferd aufzuspringen und richten ihrerseits Online-Plattformen ein.

Azubis lernen am Computer statt im Lager

Veränderungen bringt der boomende Onlinehandel insbesondere auch für die Beschäftigten und Auszubildenden im Einzelhandel mit sich. Statt im Lager oder im Verkaufsraum lernen die Azubis jetzt am Computer. Ab dem ersten August 2018 steht nun offiziell der vom HDE maßgeblich initiierte neue Ausbildungsberuf „Kaufmann/Kauffrau im E-Commerce“ zur Verfügung.

Auch bei der Anzahl an Beschäftigten im Bereich Kurier-, Express- und Paketdienste sowie in der Lagerwirtschaft wurden – nicht zuletzt aufgrund des florierenden Onlinehandels – spürbare Zuwächse registriert. Die Arbeitsbedingungen und Anforderungsprofile der Beschäftigten in diesem Bereich unterliegen im Zuge der Digitalisierung und des wachsenden E-Commerce einem deutlichen Wandel. So stieg der Beschäftigungsanteil auf dem niedrigsten Anforderungsniveau „Helfer“ an, während sich der Anteil an Fachkräften reduzierte.

Verbindung von Online- und Offlinehandel

Wer weder als Händler noch als Beschäftigter im Onlinehandel tätig ist, der wird die Auswirkungen des wachsenden E-Commerce spätestens beim Bummel durch die nächstgelegene Kleinstadt oder die abseits der Innenstadt liegende Straße spüren. Denn laut des E-Commerce-Experten Alexander Graf, der mit seiner Firma Spryker Unternehmen bei der Digitalisierung berät, wird es aufgrund des E-Commerce eine „Art Flächenbereinigung in den Nebenlagen und in den kleineren Städten“ geben. Doch er gibt auch Entwarnung für alle leidenschaftlichen Stadtbummler:

„Wahrscheinlich werden wir schon noch Ware in der Innenstadt sehen, aber die wird dann nicht mehr refinanziert durch das Handelskonzept“.

Auch Kai Hudetz, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung (IFH), zufolge wird es in Zukunft noch Ladengeschäfte geben. Die Zukunft liege in der Verbindung von Onlineläden und stationären Geschäften, so der Experte. Tatsächlich haben diverse Onlinehändler den Charme der Geschäfte erkannt und inzwischen stationäre Geschäfte aufgemacht. Der Berliner Schuhhändler Shoepassion etwa – gestartet als reiner E-Commerce-Händler – verfügt heute über neun stationäre Filialen, der Spielzeugversender MyToys bringt es auf 16 Geschäfte und auch Amazon ist im vergangenen Jahr in Oberhausen mit einem realen Laden gestartet. Ein weiteres Konzept, welches die digitale und analoge Handelswelt verknüpft, sind sogenannte Showrooms – Verkaufsräume, die von jedem Produkt nur wenige Exemplare vorhanden haben und als eine Art Schaukasten-Laden der Onlinehändler funktionieren. Möchte man ein Produkt haben, bestellt man es in der Regel vor Ort online. Die Showrooms ermöglichen Haptik und Kundennähe – zwei Faktoren, die wohl auch die Hauptmotivation hinter den neuen Geschäften von Amazon und Co darstellen.

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