Digitalstrategie 2025 – Grünbuch Digitale Plattformen kommentiert

Veröffentlicht am 24.10.2016

Wie gelingt es Deutschland und Europa wieder einen Spitzenplatz bei der Digitalisierung zu erreichen? Von dieser Frage hängt viel ab für unsere Gesellschaft. Denn der tiefgreifende Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft im Zuge der Digitalisierung muss erfolgreich gestaltet werden, um auch künftig ein europäisches Modell von Leben, Arbeiten und Wirtschaften zu ermöglichen. Der Wettbewerb um die besten Ideen für eine erfolgreiche Digitalisierung ist deshalb schon längst eröffnet.

Die deutsche Bundesregierung hat immerhin vor zwei Jahren mit der Digitalen Agenda 2014 – 2017 ihr Digitalprogramm für die Legislaturperiode bis Ende nächsten Jahres beschlossen. Von vielen damals und auch heute noch als zu wenig ambitioniert kritisiert, hat die Digitale Agenda doch einiges für die Digitalisierung in Bewegung gesetzt. Der Branchenverband Bitkom zeigt sich eher zufrieden mit dem Fortschritt, der Internetverband Eco ist ein wenig kritischer, zieht aber insgesamt doch auch eine positive Bilanz.

Doch wie geht es weiter nach der Bundestagswahl? Und welchen Beitrag wird Deutschland zu den europäischen Initiativen wie dem neuen EU-Kodex für elektronische Kommunikation leisten? Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat bereits im März 2016 seine Digitale Strategie 2025 auf der CeBIT in Hannover vorgestellt. Sie ist ein ressortübergreifendes Konzept zur weiteren Digitalisierungspolitik und wurde auf UdL Digital bereits von Staatssekretär Matthias Machnig aus dem Bundeswirtschaftsministerium vorgestellt.

Aus dieser „Digitalstrategie 2025“ hervorgegangen ist das „Grünbuch Digitale Plattformen“, das im Mai 2016 veröffentlicht wurde und konkrete Pläne vorbereiten und in ein „Weißbuch“ münden soll. Aus den bis Ende September 2016 eingegangenen Stellungnahmen will das Bundeswirtschaftsministerium nun in den nächsten Wochen ein „Weißbuch“ erstellen.

Das Grünbuch kommentiert haben wir auch als Telefónica Deutschland. Dabei standen fünf Bereiche im Fokus, die das Bundeswirtschaftsministerium im Grünbuch zur Diskussion gestellt hatte. Zunächst die ganze Diskussion um ein „Level-Playing-Field“ zwischen digitalen Plattformen und Telekommunikations-Netzbetreibern. Natürlich zweitens Fragen rund um die digitale Infrastruktur und dann auch der wettbewerbsrechtliche Ordnungsrahmen. Datenschutz ist das vierte Themengebiet und abschließend ging es um die Bewertung der institutionellen Frage, ob eine Digitalagentur hilfreich sein kann.

Level Playing Field

Um es einmal ganz deutlich zu sagen: wirtschaftlicher Erfolg ist positiv und das gilt auch für digitale Plattformen. Denn die Dienste von vielen OTT-Anbietern sind ein echter Treiber für die Digitalisierung und kommen bei den Nutzern gut an. Diese nutzen dann umso intensiver die Datenangebote der Telekommunikationsnetzbetreiber und tragen so zu deren wirtschaftlichem Erfolg bei. Allerdings bestehen eben doch Wettbewerbsverzerrungen zwischen Netzbetreibern und OTT-Anbietern. Während die Netzbetreiber den strengen Regelungen des Telekommunikationsrechts, in Deutschland das „TKG“ (Telekommunikationsgesetz), unterworfen sind, finden diese keine Anwendung auf funktional substituierbare OTT-Dienste. Diese können ihre Dienste daher auf Geschäftsmodellen aufsetzen, welche den klassischen Netzbetreibern nicht erlaubt sind. Wir brauchen also gleiche Spielregeln für alle Mitspieler, was mittlerweile weithin anerkannt wird. So hat der Wissenschaftliche Arbeitskreis für Regulierungsfragen der Bundesnetzagentur (WAR) im Juli 2015 gefordert, entsprechend ähnliche OTT-0 und OTT-1 Dienste den gleichen Regeln zu unterstellen wie klassische TK-Anbieter. Das sieht auch die Europäische Kommission so und hat mit ihren Entwürfen zur Novellierung des Europäischen Rechtsrahmens für Telekommunikation im September 2016 erstmals konkrete Vorschläge vorgelegt, die ein Level Playing Field vorsehen.

Der vorliegende Entwurf des Grünbuchs greift diese Thematik ebenfalls auf. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings basieren die bisherigen Überlegungen oftmals auf dem falschen zeitlichen Ansatz. So sollen die neuen Regelungen im EU-Review verankert werden, der allerdings erst ab 2020 seine Wirkung entfalten dürfte. Dies ist mit Blick auf die rasante technische und die dynamische Marktentwicklung zu spät.

Digitale Infrastruktur

Gigabit-Netze sind Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche digitale Transformation. Deshalb unterstützt Telefónica Deutschland ausdrücklich das Vorhaben der Bundesregierung, den Ausbau von Gigabitnetzen voranzutreiben. Bisher standen dabei die Festnetztechnologien im Fokus. Aus unserer Sicht sollten wir den Mobilen Internetzugang viel stärker mitdenken. Denn das künftige Internet wird mobil – mit 5G, Internet-of-things, Connected-Cars und anderen Entwicklungen wird eine ortsunabhängige Konnektivität der Normalfall sein.

Es gibt bereits Stimmen, die prognostizieren, dass es künftig „das Internet“ und als Spezialfall „das Festnetzinternet“ geben wird. Aus dieser Perspektive betrachtet, ergeben sich drei Erfolgsfaktoren für ein Gigabit-Netze: Regulierung muss investitionsfreundlicher sein und die Zuteilung von Frequenzen muss ebenfalls Investitionen in Gigabit-Netze unterstützen. Als Drittes müssen Glasfaserinfrastrukturen gesamtwirtschaftlich optimal genutzt werden, wozu ein Zugang zur unbeschalteten Glasfaser beiträgt.

Ordnungsrahmen Wettbewerbsrecht

Das Grünbuch stellt auch Überlegungen zur Modernisierung des Wettbewerbsrechts an. Konzentrationsentwicklungen und Größeneffekte bei digitalen Plattformen sind zunächst in den Mechanismen der zu Grunde liegenden Plattformökonomie begründet. Wenn jedoch der Verdacht auf missbräuchliche Nutzung einer marktmächtigen Position besteht, muss der Staat die Möglichkeit haben einzugreifen. Telefónica Deutschland teilt die Auffassung, dass mehrseitige Plattformen aufgrund ihrer spezifischen Netzwerkeffekte zu Monopolen oder Oligopolen mit nur wenigen konkurrierenden Anbietern tendieren. Die gegenwärtige kartellrechtliche Prüfpraxis stößt in diesem Kontext auf deutliche Herausforderungen, die eine effektive Sicherstellung von Wettbewerb erschweren.

Aus unserer Sicht ist das bestehende Instrumentarium allerdings weiterhin grundsätzlich geeignet, Wettbewerbsverstößen auch zu begegnen. Lediglich an verschiedenen Punkten bedarf es einer gesetzgeberischen Klärung, um die Arbeit der Wettbewerbsbehörden effektiver und vor allem schneller zu gestalten. Telefónica begrüßt daher den vorliegenden Gesetzesentwurf zur 9. GWB-Novelle, welcher die zentralen Aspekte nun regulatorisch adressiert. Darüber hinaus gehende Änderungen sind aus unserer Sicht nicht erforderlich.

Datenschutz

Die Sammlung von großen Datenmengen ist per se weder nützlich noch schädlich. Denn heutige Systeme und Plattformen erzeugen automatisch große Mengen von Daten. Die Erkenntnisse aus den Analysen großer Datenmengen führen zu Nutzen für Menschen, Gesellschaft und Wirtschaft. Zentral ist dabei, dass die Menschen die Hoheit über ihre personenbezogenen Daten behalten und ein souveränes digitales Leben führen können, zentrale Elemente dabei sind: Transparenz und Kontrolle. Die Voraussetzung, damit Big Data erfolgreich wird, ist Vertrauen und Akzeptanz beim Kunden zu gewinnen. Dafür gilt es, gegenüber dem Nutzer Transparenz darüber zu schaffen, welche Daten zu welchem Zweck erhoben werden. Zudem ist es sinnvoll, Wahlfreiheit für den Nutzer zu schaffen, in welchem Umfang seine Daten erhoben und vermarktet werden. Entsprechende Konzepte wurden bereits an verschiedener Stelle entwickelt.

Die in der EU-Datenschutzgrundverordnung bereits eingeführten Grundsätze für das Datenschutzrecht müssen angewendet und weiterentwickelt werden. Darüber hinaus sollten die Möglichkeiten der Pseudonymisierung und Anonymisierung weiter erforscht und gefördert werden, da sie ein gutes Mittel zur Balancierung von Persönlichkeitsrechten und Innovation darstellen. Diskussionsräume, wie u.a. die Kompatibilität einzelner Datenverarbeitungen zueinander sowie die Abwägung von Interessen der an einer Verarbeitung Beteiligten sollten genutzt werden, um das öffentliche Gespräch voranzutreiben.

Digitalagentur als Motor?

Die Idee aus dem Grünbuch, Kompetenzen in einer Digitalagentur zu bündeln, ist nachvollziehbar und trägt der zunehmenden technologischen Konvergenz Rechnung. Sie darf aber nicht ein Mehr an Regulierung zufolge haben. Damit eine solche Digitalagentur ein Erfolgsmodell wird, sollten unseres Erachtens drei Voraussetzungen erfüllt sein: Es ist eben zu vermeiden, dass es zu einer on-top Regulierung oder gar Doppelregulierung kommt. Eine Schaffung einer Digitalagentur als „one-stop-shopping Agency“ für Fragen der digitalen Ökonomie setzt daher eine eineindeutige Zuständigkeitsabgrenzung voraus.

Zweitens darf eine Digitalagentur kein Bremser sein, sondern muss im Gegenteil als Motor der digitalen Ökonomie agieren. Sie sollte sich daher auf klar definierte Kernbereiche beschränken, um nicht in die Gefahr von „Regulierung als Selbstzweck“ zu geraten.

Wichtig wäre drittens dann, die Digitalagentur mit dem notwendigen wirtschaftlichen und digitalen Know-How auszustatten. Sinnvoller Weise sollte sie eine enge Anbindung an das für Digitalwirtschaft zuständige Ressort der Bundesregierung erhalten und eine starke wirtschafts- und ordnungspolitische Ausrichtung haben. Nur unter diesen Voraussetzungen könnte die Digitalagentur einen sinnvollen Beitrag zur digitalen Transformation leisten.

Vollständige Stellungnahme

Telefónica Deutschland veröffentlicht hier die vollständige Stellungnahme zum Grünbuch Digitale Plattformen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Wir machen unsere Position transparent, weil wir von Transparenz nicht nur reden und wir einen Beitrag zur weiteren Diskussion leisten möchten. Wir freuen uns auf den Dialog!

 

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