EU-Urheberrecht: Parlament und Rat einigen sich

Veröffentlicht am 25.02.2019

Eine vorläufige Einigung zum EU-Urheberrecht hat für Leistungsschutzrecht (LSR) und Upload-Filter den Weg bereitet. Verhandler von Ministerrat und EU-Parlament einigten sich am 13. Februar, im Trilog auf eine Kompromissfassung der neuen Urheberrecht-Richtlinie, über die sie seit 2016 verhandeln.

Leistungsschutzrecht für Presseverleger

Rechtsprechung-Default-Motiv-1500x984Der Kompromiss zum LSR sieht vor, dass zu Links von Nachrichtenartikeln nur noch „einzelne Worte“ oder „kleinste Textausschnitte“ ohne Lizenz angezeigt werden dürfen. Auch die Vorschaubilder dürften ohne Lizenz nicht gezeigt werden. Wollen etwa Nachrichten-Aggregatoren wie Google News weiterhin kurze Texte (sogenannte Snippets) und Bilder zu den Links präsentieren, müssen sie sich zuvor mit den jeweiligen Rechteinhabern – in der Regel die Verlage – auf die Nutzung und eine mögliche Vergütung einigen. Was genau dabei unter „kleinsten Textausschnitten“ zu verstehen ist, müssen im Streitfall wohl Gerichte klären. Ausnahmen sieht Artikel 11 lediglich für die private oder nicht-kommerzielle Nutzung von Presseerzeugnissen vor.

Nicht nur Nachrichten-Aggregatoren betroffen

Das europäische LSR betrifft absehbar aber nicht nur Nachrichten-Aggregatoren: „Alle Onlinedienste, die nicht rein privat sind, sind vom Europäischen LSR erfasst“, sagt die EU-Abgeordnete Julia Reda (Piraten). Auch „die auf Twitter und Facebook derzeit gängigen Snippets wären mit Sicherheit eine Verletzung des LSR“, sagt Reda, die Schattenberichterstatterin zur Urheberrechtsreform für die Grünenfraktion war. Die derzeit üblichen Vorschauen auf Artikel, die bei Social-Media-Diensten veröffentlicht werden, könnten also auch lizenzpflichtig werden. Ob die Dienste künftig an die Verlage zahlen oder einzelne Angebote womöglich eingestellt werden, bleibt abzuwarten.

Ausnahmen für Lehre, Forschung und Data Mining

Ausnahmen vom Leistungsschutzrecht sieht der Richtlinienentwurf für Kulturpflege und Forschung vor, außerdem für Text- und Data-Mining. Auch sollen Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung Sorge tragen, dass Werke zu Anschauungszwecken im Unterricht verwendet werden dürfen. Auch bloße Verlinkungen sollen vom Leistungsschutzrecht nicht betroffen sein.

Impliziter Zwang zu Upload-Filtern

Artikel 13, der sich mit Inhalte-Plattformen wie Youtube und Facebook beschäftigt, war Anfang des Jahres innerhalb der Mitgliedsstaaten, insbesondere Deutschland und Frankreich, noch umstritten. Anfang Februar einigten sich Deutschland und Frankreich dann auf eine gemeinsame Position, der Plattformen wahrscheinlich implizit zur Einführung von Upload-Filtern zwingen wird.

Um auch in Zukunft nicht für Urheberrechtsverletzungen haftbar gemacht zu werden, müssen Plattformen nun drei Bedingungen erfüllen. Sie müssen (1) größte Bemühungen unternommen haben, um sich Lizenzen von Urhebern einzuholen. Sie müssen (2) den Zugang zu solchem urheberrechtlich geschütztem Material verhindern, das ihnen die Urheber vorab zu Verfügung gestellt haben. Und sie müssen (3) bereits hochgeladenes, geschütztes Material auf Hinweis entfernen („notice and take down“) und Vorkehrungen treffen, dass es nicht wieder hochgeladen wird.

Wie und mit welchen Urhebern die Plattformen nach „besten Bemühungen“ vorab Lizenzvereinbarungen schließen sollen, ist unklar – theoretisch sind nicht nur große Verlage und Labels Rechteinhaber, sondern bereits jeder Ersteller etwa eines Handyvideos.

Ausnahmen für Satire und kleine Plattformen

Der Richtlinienentwurf sieht darüber hinaus vor, dass Zitate, Kritiken und Rezensionen genau wie Karikaturen, Parodien und Persiflagen nicht entfernt werden dürfen. Strittig waren hingegen bis zuletzt mögliche Ausnahmen für kleine Plattformen von der Filterpflicht. Der Kompromiss sieht nun Ausnahmen für Plattformen vor, die sowohl weniger als drei Jahre auf dem EU-Markt sind, als auch einen Jahresumsatz von weniger als 10 Millionen Euro machen und weniger als fünf Millionen Besucher im Monat haben. Auch sie müssen allerdings größte Bemühungen nachweisen, um an Lizenzen von Urhebern zu kommen und „notice and take down“-Verfahren einrichten.

Reaktionen auf den Kompromiss auf EU-Ebene

„Eine Verpflichtung von Plattformen zum Einsatz von Upload-Filtern, um von Nutzern hochgeladene Inhalte nach urheberrechtsverletzenden Inhalten zu ‚filtern‘, lehnen wir als unverhältnismäßig ab.“ So hatten sich Union und SPD im Koalitionsvertrag einst explizit gegen Upload-Filter ausgesprochen. Nun kommt die entsprechende Kritik an Deutschlands Position in den Verhandlungen nicht nur von der Opposition, sondern auch von den Digitalpolitikern der Regierungsfraktionen selbst. So lehnte etwa Dorothee Bär (CSU), Staatsministerin im Bundeskanzleramt für Digitalisierung, die Einigung zu Artikel 13 ab.

Bundesjustizministerin Katharina Barley (SPD) nahm am vergangenen Montag einen USB-Stick der Kampagne „Stoppt die Zensurmaschine – Rettet das Internet“ mit angeblich 4,7 Millionen Unterschriften gegen Artikel 11 und 13 entgegen. Barley sagte zur derzeitigen Kompromissfassung: „Wenn Sie mich nach meiner persönlichen Auffassung fragen, ist auch das noch nicht der optimale Zustand.“ Die Ausnahmeklausel für kleine Unternehmen sei allerdings „schon mal ein großer Fortschritt“.

Ausblick

Der vereinbarte Text muss nun vom Europäischen Parlament und vom Rat förmlich bestätigt werden. Sobald er im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde, haben die Mitgliedstaaten 24 Monate Zeit, die neuen Vorschriften in nationales Recht zu überführen.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Torben Klausa schreibt über Themen der Digital- und Netzpolitik sowie zur IT-Sicherheit.

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