Europawahl: Die Ergebnisse der EU-Parlamentswahl 2019

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Veröffentlicht am 28.05.2019

Die Europawahl hat den Abstieg der großen Parteienfamilien, der Europäische Volkspartei (EVP) und der Sozialdemokratischen Partei Europas (PES) untermauert. Die EVP verlor 36 Sitze und kommt in der neuen Legislatur auf nur noch 180 der 751 Mandate. Die Fraktion der Sozialdemokraten (S&D) verlor 39 Sitze und stellt noch 146 Parlamentarier. Die mit 109 Sitzen drittgrößte Fraktion im neuen Europaparlament ist die liberale ADLE-Fraktion, der sich auch die Abgeordneten der Partei des Französischen Präsidenten Emanuel Macron angeschlossen haben. Sie gewann gegenüber der vergangenen Wahl 40 Sitze. An vierter Stelle stehen die Europäischen Grünen mit 69 Abgeordneten.

Trotz der Stimmenverluste seiner Parteienfamilie ist dem EVP-Spitzenkandidaten, Manfred Weber der Optimismus nicht vergangen. Nachdem erste Prognosen den Wahlausgang in Zahlen fassten, trat Weber im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin an das Mikro und erklärte:

„Die schönste Nachricht des heutigen Tages ist: Die europäische Demokratie lebt.“

Damit wird er auf die höchste Wahlbeteiligung seit 20 Jahren angespielt haben. Von den rund 400 Millionen Wahlberechtigten, darunter 64 Millionen Deutsche, traten etwas über die Hälfte den Gang an die Wahlurnen an. In Deutschland erreichte die Wahlbeteiligung 61,4 Prozent und lag damit 13,3 Prozentpunkte über dem Wert von 2014.
Anteil am schlechten Abschneiden der EVP hatte in Deutschland vor allem die CDU. Sie stürzte von 30 Prozent bei der Wahl 2014 auf nur noch 22,6 Prozent ab. Webers CSU konnte hingegen einen Punkt gut machen und erreichte 6,3 Prozent. Noch höhere Verluste haben jedoch die Sozialdemokraten zu verkraften: Die SPD verlor fast 12 Prozentpunkte und rutschte auf 15,8 Prozent.

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Als klarer Gewinner der Wahl in Deutschland konnten sich die Grünen feiern. Mit 20,5 Prozent ließen sie Union und SPD ziemlich alt aussehen und verdoppelten ihr Ergebnis gegenüber der letzten EU-Wahl 2014. Damit sind sie vor der SPD zweitstärkste Kraft geworden. Bei Wählern unter 60 Jahren lagen sie sogar auf dem ersten Platz. Auf Platz vier folgt die AfD mit 11 Prozent. Die Linke erreichte 5,5 Prozent und die FDP 5,4 Prozent. Damit lag die FDP zumindest in Berlin hinter Martin Sonneborns „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“ (Die Partei), die ebenfalls wieder in das Europäische Parlament einzog.

Erstmals keine absolute Mehrheit

Die neue Sitzverteilung im EU-Parlament zeigt gut, wie Machtverschiebung aussehen kann: Erstmal seit der ersten Wahl des Europäischen Parlaments 1979 haben die beiden großen Fraktionen von EVP und S&D zusammen keine Mehrheit mehr. Sie stellen nur noch 326 der 751 Abgeordneten. Das stärkt die Position der liberalen und der grünen Fraktion im EU-Parlament. EVP-Spitzenkandidat Weber konstatierte dann auch, dass dies „kein mächtiger Sieg“ sei.

Gerade junge Wähler hatten bei der Europawahl wenig für Union und SPD übrig. Und das obwohl die SPD mit ihrem digitalen Wahlkampf vor allem die junge Wählerschaft abholen wollte. Im Netz wird indes über einen verfehlten „Emoji- und Selfie-Wahlkampf“ gespottet. Ob das Wahlergebnis der CDU auch eine Konsequenz aus dem viral gegangenen YouTube-Video von Influencer Rezo ist, sei dahingestellt. Der Spitzenkandidat der Satirepartei „Die Partei“, Martin Sonneborn, versuchte sich in jedem Fall an einer Einordnung der Wahlergebnisse:

„Meine Analyse ist, dass die SPD tot ist. Die Grünen werden die neue SPD. Und wir werden die neuen Grünen.“

Die Grünen wollen grüne Digitalisierung

Aber wie steht es nach der Wahl um die Digitalpolitik in der EU?

Wie Spiegel Online berichtet, macht die deutsche Wirtschaft Druck und will, dass die EU sich in der neuen Legislaturperiode stärker mit der Digitalisierung beschäftigt. Das geht auch aus einem gemeinsamen Positionspapier des Bundesverbands der Deutschen Industrie und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände zur Europawahl hervor. Danach sei ein funktionierender EU-Digitalbinnenmarkt die entscheidende Voraussetzung zum Vorantreiben der Digitalisierung: „Die EU-Datenwirtschaft wächst jedes Jahr um fast fünf Prozent und könnte bis 2025 für die EU (ohne Großbritannien) 769 Milliarden Euro erwirtschaften, das entspräche 5,4 Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung.“ Auch die EVP will beim Thema Digitalisierung anpacken: sie plädiert für eine stärkere Finanzierung von Startups und für die Einführung einer „digitalen Fairnesssteuer“, mit der die Digitalbranche „ihren Beitrag“ leisten soll, wie es in dem Manifest der EVP heißt. Die europäischen Grünen versprechen hingegen eine Art „grüne Digitalisierung“ und fordern zum Schutz digitaler Rechte eine Digitale-Grundrechtcharta. Was die Grünen sich in Sachen Digitalpolitik ansonsten noch auf die Fahne geschrieben haben, lesen Sie im UdL-Interview zur Europawahl mit Ska Keller.

Kein Plan bei den Sozialdemokraten

Die sozialdemokratische PES hält sich in ihrem Manifest beim Thema Digitalisierung eher bedecket. Darin heißt es lediglich: „Wir brauchen einen langfristigen Investitionsplan, um unsere Branchen und unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorzubereiten, damit sie von der grünen Wende, der digitalen Revolution und dem Wachstum der künstlichen Intelligenz profitieren können.“ Wesentlich präziser gehen die Liberalen an die digitalen Themen heran. Mit Margrethe Vestager hat die Fraktion aber auch eine digitale Expertin an Bord. Die EU-Wettbewerbskommissarin gilt in der Digitalbranche als etabliert und knallhart. Besonders gegen Monopole und für faire und offene Märkte setzte sich Vestager in den vergangen Jahren ein. Apple, Google, Amazon, Facebook – die Liste der internationalen Großkonzerne, die sie während ihrer Amtszeit zu hohen Strafen verurteilte, ist lang (das UdL-Interview mit der FDP-Kandidatin Svenja Hahn finden Sie hier). Die europäische Linke fordert unter der Überschrift „die Macht den Menschen“ den Aufbau eines „neuen Europas“. Bei den digitalpolitischen Themen kratzen sie allerdings nur zaghaft an der Oberfläche. Ziel sei es, „Digitale Demokratie, Netzneutralität und Redefreiheit“ zu fördern. Konkrete Idee bleiben sie dabei aber schuldig.

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