FDP fordert Datenschutz und Deregulierung

Foto: www.christian-lindner.de / Werner Schuering
Veröffentlicht am 13.09.2016

Als die FDP noch im Bundestag vertreten war, hat die Partei das Thema Digitalisierung lange sträflich vernachlässigt. Auf ihrem Bundesparteitag am 23. und 24. April haben die Freien Demokraten in einem Beschluss festgehalten, wie sich die Digitalisierung der Gesellschaft aus liberaler Perspektive entwickeln und welche Rahmenbedingungen die Politik dafür setzen soll. Sie fokussiert ihre Ausführungen dabei auf die Bereiche Bildung, Arbeit, Wirtschaft und Mobilität, E-Health und E-Government. Ein eigenes Kapitel des Beschlusses widmet die FDP der digitalen Autonomie. Datenschutz und Datensicherheit sind dafür ihrer Ansicht nach wichtige Voraussetzungen. Ungefähr ein Jahr vor den Bundestagswahlen schauen wir auf diese aktuelle Beschlusslage der FDP zur Digitalpolitik.

Datenschutz und Datensicherheit

„Wenn Daten eine Währung sind, sollten Bürgerinnen und Bürger auch die Souveränität über ihre personenbezogenen Daten besitzen. Wir benötigen einen rechtlichen Rahmen, der die Souveränität des Einzelnen über seine personenbezogenen Daten gewährleistet“, heißt es im Kapitel zur digitalen Autonomie und auch sonst haben die Freien Demokraten Forderungen zusammengestellt, die vielen hauptamtlichen Datenschützern und netzpolitischen Interessenvertretern wichtig sind. So geht die FDP davon aus, dass „der Bereich der Integrität informationstechnischer Systeme in Zukunft einer der chancenreichsten Wirtschafts- und Forschungszweige in Deutschland sein wird“. Auch die Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Andrea Voßhoff, lässt kaum eine Gelegenheit aus, darauf hinzuweisen, dass „Datenschutz made in Germany“ durchaus ein Wettbewerbsvorteil werden kann. Dabei erntet sie allerdings häufig Widerspruch von Start-up-Vertretern, die bislang in der Praxis andere Erfahrungen gemacht haben. Die Europäische Datenschutz-Grundverordnung wird dabei aber als Hebel angesehen, dass EU-Datenschutz-Standards noch zum internationalen Erfolgsmodell reüssieren können. Die FDP hält es ebenfalls für „wünschenswert, das europäische Datenschutzniveau durch internationale Abkommen global zu verankern“.

FDP setzt auf Datensicherheit, Logo: gemeinfrei
Früher vor allem als ein Verfechter des „schlanken Staates“ bekannt, sieht es die Partei jetzt als „eine staatliche Aufgabe von höchster Priorität, die digitale Infrastruktur effektiv zu schützen“. Dies schließe aus, dass sensible Daten durch diejenigen, welche die technische Infrastruktur bereitstellen, außerhalb der physischen Zugriffsmöglichkeit und der Rechtsprechung des deutschen Staates auf Servern im Ausland gespeichert werden, soweit diese nicht ein gleiches Datenschutzniveau wie Deutschland aufweisen. Diese Maxime entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, die z.B. bei der Neuverhandlung von Safe Harbor umgesetzt werden sollte. Nach Auffassung der europäischen Datenschutzbeauftragten in der Artikel-29-Gruppe ist dies aber bislang bei dem EU-US Privacy Shield nicht gelungen.

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In Deutschland will die FDP den institutionellen Datenschutz stärken und dafür u.a. die Unabhängigkeit der obersten Datenschutzbehörden weiter ausbauen sowie sie finanziell und personell besser ausstatten. Datenschutzbehörden sollen nach Ansicht der Liberalen künftig aus eigener Initiative tätig werden können, nicht mehr nur dann, wenn ihnen konkrete Hinweise auf Verstöße gegen das Datenschutzrecht vorliegen. Eine entsprechende Entschließung, sich dafür einzusetzen, hatten auch die Datenschutzbeauftragten bei ihrer jüngsten Datenschutzkonferenz gefasst. Das nationale Cyberabwehrzentrum (CAZ) will die FDP in das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) integrieren, das zu einer „zentralen Institution“ ausgebaut werden soll. Dafür dürfe das BSI dem „Bundesministerium des Inneren nicht nachgeordnet werden“, heißt es in dem Beschluss.

Digitale Infrastruktur

Den angestrebten Vectoring-II-Beschluss der Bundesnetzagentur kritisieren nicht nur die Mitbewerber der Deutschen Telekom, auch die FDP hält diese Technik „als mittelfristigen Ersatz“ für den Ausbau von Glasfasernetzen für „problematisch“, da dies den notwendigen Wettbewerb auf der bereitgestellten Infrastruktur hemme. Vor diesem Hintergrund haben die Freien Demokraten für den Ausbau der digitalen Infrastruktur eine eigene Idee entwickelt. Sie wollen öffentlich finanzierte Glasfaserleitungen von der Bundesnetzagentur verwalten lassen. Privatwirtschaftliche Provider sollen diese Kapazitäten daraufhin mieten und vertreiben können. Dies ermögliche „echten Wettbewerb bis an die Grundstücke („letzte Meile“) bei gleichzeitiger Refinanzierung über die kommenden Jahrzehnte“, heißt es in dem Parteitagsbeschluss der FDP. Der Ausbau solle ihrer Ansicht nach in Regions-Clustern ausgeschrieben werden, sodass eine Flächenplanung des Ausbaus effizient möglich ist.

Reduzierte Regulierung für digitale Wirtschaft

Um die Entstehung von neuen Geschäftsmodellen und Technologieinnovationen zu ermöglichen, will die FDP zum einen „zeitgemäße, verlässliche und fortschrittsfördernde rechtliche Rahmenbedingungen“ und zum anderen „risikoreiche und ergebnisoffene Prozesse“ fördern. In erster Linie wollen die Liberalen Deregulierung zugunsten der Share Economy: Der gültige Ordnungsrahmen von „traditionellen“ Geschäftsmodellen, zu denen Unternehmen der Share Economy im Wettbewerb stehen, lasse sich nach Ansicht der FDP nicht einfach übertragen. Um das Innovationspotential zu nutzen, bräuchten diese Geschäftsmodelle einen passenden Rahmen, der ihnen die Freiheit zur Entwicklung lässt. Dieser müsse Wettbewerbsoffenheit gewährleisten, heißt es in dem Beschluss. „Die Möglichkeiten sollten sich nicht dem alten Recht anpassen, sondern das Recht an die neuen Möglichkeiten“, so das Credo der FDP.

Die Partei will die Maßnahmen aber vor der allgemeinen Einführung im kleinen Rahmen testen. Um zu prüfen, wie „veränderte oder reduzierte Regulierung sich auf Innovation und Wirtschaftsmodelle“ auswirken, soll es sogenannte Regulierungspiloten geben, die regional, zeitlich und auf bestimmte Branchen beschränkt werden. „Der Regulierungspilot soll anschließend evaluiert werden, um daraus innovationsfördernde als auch gesamtgesellschaftlich verantwortungsvolle Regulierung abzuleiten. So können Gesetzgeber und Verwaltung schneller auf Wirtschaft und Wissenschaft reagieren“, so die FDP in ihrem Beschluss „Chancen der digitalen Gesellschaft“.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Nadine Brockmann ist als Analystin für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.

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