Gesetzentwurf zum e-Ausweis: Onlinefunktion für jeden

Foto: Pressebild 7, Bundesministerium des Innern
Veröffentlicht am 15.12.2016

Er war bisher nicht gerade eine Erfolgsgeschichte: Der elektronische Identitätsnachweis (eID), eine Funktion des 2010 eingeführten neuen Personalausweises. Jetzt soll ein Gesetzentwurf aus dem Bundesinnenministerium (BMI) dafür sorgen, dass Bürger, Behörden und Unternehmen die Online-Ausweisfunktionen verstärkt nutzen. Das Kabinett verabschiedete den Entwurf mit dem Titel „Gesetz zur För­derung des elektronischen Identitätsnachweises“ in seiner Sitzung am 9. Dezember.

Das Hauptproblem der Online-Funktion: Sie wird bisher nur von einem kleinen Teil der Bürger genutzt. In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es, dass die eID bei zwei Dritteln der rund 61 Millionen ausgegebenen Ausweise deaktiviert ist. Der eGovernment Monitor 2016, der unter anderem von der Initiative D21 herausgegeben wurde, kam zu dem Ergeb­nis, dass nur vier Prozent der Internetnutzer in Deutschland alle Funktionen des Personalausweises vollständig nutzen können. Nach der Befragung besitzt von der Minderheit derjenigen, die die eID-Funktion aktiviert haben, wiederum nur etwa ein Drittel das zur vollständigen Nutzung notwendige Lesegerät.

Auch nach der nun durch das BMI angestoßenen Reform wird das Lesegerät weiter für viele Nutzungsarten erforderlich sein, die erste Hürde für die eID-Funktion soll aber entfallen. Bisher wurden die Online-Funktionen nur auf Wunsch des Ausweisbesitzers aktiviert, was etwa zwei Drittel der Antrag­steller nicht genutzt haben. Die Lösung der Bundesregierung lautet:

„Die eID-Funktion wird in Zukunft bei jedem Aus­weis automatisch und dauerhaft eingeschaltet. Dies soll die eID-Funktion schneller verbreiten und dadurch einen Anreiz für Behörden und Unternehmen schaffen, mehr Anwendun­gen bereitzustellen sowie das Bewusstsein von Bürgerinnen und Bürgern für die Vorteile der eID-Funktion in ihrem Alltag zu fördern.“

Weitere Maßnahmen, um die eID attraktiver zu machen, spielen sich eher auf der Seite von Unternehmen und Be­hörden ab. Für die soll das Antragsverfahren vereinfacht werden, mit der sie die Berechtigung erhalten können, um die Daten aus dem Personalausweis elektronisch auszulesen. Bisher musste die Berechtigung für jeden Dienst beantragt werden, für den ein Unternehmen oder eine Behörde, die eID-Funktion nutzen wollte. Künftig müssen Dienstanbieter diesen Antrag nur einmal für die ganze Organisation stellen.

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Foto: Pressebild 7, Bundesministerium des Innern

Wenn Bürger mit ihrem Ausweis zum Beispiel in ein Bürgeramt kommen, dann mussten sie bisher ihre Pin-Num­mer wissen, damit die Verwaltungsmitarbeiter die Daten aus dem Ausweis auslesen können. Diese zusätzliche Sicherheits­stufe soll künftig entfallen: Übergibt der Ausweisinhaber, der an seinem Foto identifizierbar ist, den Ausweis, dann kann er auch elektronisch gelesen werden. Das soll das sogenann­te „medienbruchfreie Ausfüllen von elektronischen Formu­laren vor Ort“ ermöglichen – das Abtippen von Daten der Antragsteller überflüssig machen. Das BMI rechnet damit, dass dies „eine große Zeitersparnis für Bürgerinnen, Bürger­ämter und sonstige Stellen“ bewirkt.

Eine neue Anwendungsmöglichkeit für den Personalausweis ist das sog. „digitale Postident“. Anbieter von Identifizie­rungsdiensten, die z.B. die Identität von neuen Bank- oder Versicherungskunden bestätigen, sollen künftig dafür die Online-Funktionen des Ausweises nutzen dürfen. Das per­sönliche Erscheinen des Kunden ist dann nicht erforderlich. Die Dienstleister werden dazu verpflichtet, die Daten des Ausweisinhabers nach Abschluss der Identifizierung wieder zu löschen, um eine datenschutzrechtlich unzulässige Profil­bildung unmöglich zu machen.

Das BMI rechnet durch das Gesetz mit Einsparungen bei Län­dern und Kommunen – fast ausschließlich durch die künftige automatische Freischaltung der eID-Funktion. Allein für das Wegfallen des Beratungsgesprächs zur eID beim Abholen des Personalausweises berechnet das Ministerium eine Ersparnis von 8,2 Millionen Euro. Schließlich würde mehr als sechs Millionen Mal ein dreiminütiges Gespräch entfallen. Grundlage für die Berechnung ist der Stundenlohn im mitt­leren Dienst der Länder in einer Höhe von 27,10 Euro. Bisher waren die Bürgerämter verpflichtet, jedem neuen Personal­ausweisbesitzer eine Broschüre zu überreichen. Die kostet 18 Cent pro Stück und verursachte damit bei mehr als sechs Millionen neuen Personalausweisen pro Jahr Druckkosten in Höhe von mehr als einer Million Euro. Künftig soll sie nur noch auf Wunsch der Antragsteller ausgehändigt werden – was die Kosten um die Hälfte reduzieren soll. Insgesamt wird in der Gesetzesbegründung von Einsparungen durch die Neuregelung in Höhe von mehr als zwölf Millionen Euro ausgegangen.

Das Gesetz, das außerdem noch einige andere Änderungen im Personalausweisgesetz, im Passgesetz und im Aufent­haltsgesetz umfasst, ist im Bundesrat zustimmungspflichtig. Es wird voraussichtlich am 26. Januar 2017 zum ersten Mal auf der Tagesordnung des Innenausschusses im Bundesrat stehen und am 10. Februar bei der ersten Bundesratssitzung im neuen Jahr beraten werden.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Sascha Klettke ist Chef vom Dienst und Analyst für Netzpolitik.

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