Logistik 4.0: Schneller als der Weihnachtsmann

Veröffentlicht am 14.12.2016

Pakete innerhalb von wenigen Stunden in alle Haushalte der Welt zustellen: Was der Weihnachtsmann schon lange kann, wollen heute Großunternehmen in der Logistik nachmachen. Statt fliegender Rentiere und magischem Schlitten setzen sie aber auf Transportdrohnen und 3D-Drucker.

Wandel in der „letzten Meile“

Digitalpolitik-Default-Motiv-1500x984„Heute bestellt. Heute da“, verspricht der Online-Großhandel Amazon seinen Prime-Kunden in 20 deutschen Großstädten. Bücher, Spielzeug oder Computerzubehör liefert der Internetriese ihnen noch am selben Tag gratis nach Hause. Die sogenannte Same-Day-Delivery ist der neuste Trend, der die Logistikbranche vor Herausforderungen stellt. Immer mehr Menschen kaufen online ein und immer mehr Menschen leben in Städten. Gleichzeitig gibt es Personalmangel in der Branche – nicht zuletzt wegen oft niedriger Bezahlung und abschreckenden Arbeitsbedingungen. Diese Rahmenbedingungen bestimmen die Zukunft der Logistik, heißt es in der ZF-Zukunftsstudie „Die letzte Meile“, durchgeführt vom Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik. Vor allem die „letzte Meile“ – also der Transport zum Endkunden, sei es Händler, Handwerker oder Haushalt – verändere sich grundlegend. Sie werde sich noch mehr an den individuellen Anforderungen der Menschen, den Bedürfnissen der alternden Bevölkerung und den Wünschen nach mehr ‚Convenience‘ ausrichten, erwarten die Wissenschaftler.

Schnell und Individuell? Paketdrohnen

Die Folge: Immer mehr kleinere Sendungen müssen an immer mehr Orte geliefert werden. Händler wie Amazon oder die Supermarktkette Rewe organisieren ihren Lieferservice selbst. Derzeit wird dafür ein Lieferwagen losgeschickt, der sich durch den dichten Stadtverkehr kämpfen oder lange Strecken auf dem Land zurücklegen muss. Mit dem „Prime Air“-Service will Amazon stattdessen in Zukunft unter Einsatz von Drohnen Pakete von bis zu 2,5 kg direkt in den Garten oder auf den Balkon liefern. Auch Logistikriese DHL testete im Mai erfolgreich den „Paketkopter“ im bayrischen Ort Reit im Winkel, der in einer vollautomatisierten Paketstation ent- und beladen wird. Die eingesetzten Drohnen haben aktuell einen Einsatzradius von 15 km mit einer Geschwindigkeit von 30 bis 70km/h.

Durchsetzen wird sich die Transportdrohne in der Logistik aber nicht, prognostiziert die ZF-Zukunftsstudie. Zu groß sind die technischen Einschränkungen, Risiken und gesetzlichen Hürden. Beispielsweise muss eine Drohne stets in Sicht des Bedieners sein und benötigt eine Flugerlaubnis. Drohnen können abstürzen und dabei Menschen gefährden oder von Hackern manipuliert werden. Realistischer sei deshalb, dass Flugdrohnen auf festen Pendelstrecken oder in speziellen Bereichen wie der Medikamentenversorgung eingesetzt werden – so wie es auch DHL plant.

Sauber und nachhaltig? 3D-Drucker

Die zunehmende Gewichtung ökologischer Aspekte von Kunden beim Produktkauf, zieht die Erwartung nach sich, dass diese auch „sauber“ geliefert werden. Diesen Trend sieht die ZF-Zukunftsstudie als weiteren wesentlichen Treiber in der Logistikbranche, die einen maßgeblichen Anteil an Emissionen hat. Der 3D-Drucker klingt wie ein Weihnachtsmärchen in puncto sauberer Logistik: Kunden könnten ein Datenpaket per Mail erhalten und sich ihr Produkt zu Hause drucken.

„Die Auswirkungen des 3D-Drucks auf die Logistik könnten ähnlich stark werden, wie seinerzeit die Nutzung der E-Mail zu einem Rückgang der Briefpost geführt hat“, prognostiziert die ZF-Studie.

Für den Privatbereich sei diese Technik aber „noch mit einigen Fragezeichen zu versehen“, heißt es anderer Stelle. Grund dafür sei zum einen, dass die Rohstoffe für den 3D-Druck dennoch gesendet werden müssen und zum anderen, dass es wohl noch etwas dauere, bis der Drucker für Privatpersonen bezahlbar wird. Gewerbliche Endkunden, wie Zahnärzte und Orthopäden nutzen den 3D-Druck aber heute schon.

Denkbar ist auch, dass Händler oder Logistikunternehmen Verträge mit Herstellern eingehen, um die Produktion zu übernehmen. Auch in diesen Bereich hat DHL bereits investiert und präsentierte vergangene Woche den Bericht „3D-Druck und die Zukunft der Lieferkette“. Danach sollen Kunden in 3D-Druck-Läden ihre Bestellungen herstellen lassen können. Massenproduktion würde die Technik aber nicht ersetzen, sagt der Vizepräsident bei DHL Kundenlösungen und Innovation, Mathias Heutger. Das Potenzial liege eher in der Herstellung von komplexen und individuellen Produkten und Ersatzteilen, deren Produktion so in Logistikzentren gebündelt werden kann. Insbesondere auf dem Land könnte dadurch der Verkehr drastisch reduziert werden.

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