Monitor Digitale Verwaltung: Woran es bei digitaler Verwaltung hakt

Veröffentlicht am 21.05.2019

Fehlende Gesamtstrategie, schleppende Umsetzung, aber immerhin passende Finanzierung: Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) hat sein E-Government-Hausaufgabenheft für Bund und Länder aktualisiert. Rund 20 Seiten zählt die zweite Ausgabe des „Monitor Digitale Verwaltung„, in dem der NKR im Vierteljahresrhythmus bisherige Bemühungen bilanziert und aktuelle Handlungsfelder aufzeigt. Als unabhängiges Beratungsgremium der Bundesregierung prüft der Normenkontrollrat den Erfüllungsaufwand von Gesetzes- und Verordnungsentwürfen und berät die Regierung zu Bürokratieabbau und besserer Rechtsetzung.

Föderale Koordination als Herausforderung

Mit Blick auf die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) hebt der Monitor die „zunehmend produktiv[e] und vertrauensvoll[e] Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen“ hervor. Lediglich von Bayern wünscht sich der NKR explizit ein klareres Bekenntnis zur gemeinsamen Umsetzung in Form einer Federführung eines OZG-Themenfeldes.

Soll die Umsetzung des OZG ein Erfolg werden, warnt der NKR jedoch vor dem Weg des geringsten Widerstands: Der große Vorteil des OZG läge darin, gute Lösungen bundesweit auszurollen. Jedoch werde die Umsetzung derzeit „im Einzelfall jedem Land und jeder Kommune“ überlassen. Es erscheine daher ratsam, sich möglichst bald auch mit grundsätzlichen architektonischen Fragen zu beschäftigen, um eine einheitliche Herangehensweise zu finden. Solche Diskussionen seien zwar konfliktträchtig, Verunsicherungen müssten aber auf politischer Ebene aufgefangen werden, etwa mit einem „gesamtdeutschen E-Government-Pakt“.

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Genügend Geld, aber zu wenig Personal

Die föderale IT-Kooperation (FITKO), eine gemeinsame Einrichtung von Bund und Ländern, soll zusammen mit dem Bundesinnenministerium (BMI) die OZG-Umsetzung koordinieren. Derzeit befindet sich der FITKO beinhaltende IT-Änderungsstaatsvertrag in der Ratifizierung, die bis Ende September abgeschlossen sein soll. Vergangene Woche passierte er den Innenausschuss des Bundesrats und steht nun auf der Tagesordnung für die kommende Plenumssitzung am 17. Mai. Am Donnerstag, 9. Mai, steht er auch im Bundestag auf der Agenda.

Nach Einschätzung des NKR reichen FITKOs Mitarbeiterressourcen jedoch für eine inhaltlich-konzeptionelle Aufgabe nicht aus. Erschwerend komme hinzu, dass von den 40 Stellen beim BMI, die für den Themenbereich Ende 2018 neu geschaffen wurden, noch keine einzige besetzt sei. Diese Prozesse müssten deutlich beschleunigt werden, so der NKR. Auch Länder und Kommunen ständen vor ähnlichen Personalherausforderungen.

Immerhin mit der Finanzierung der OZG-Umsetzung ist der NKR zufrieden: Die von Bund und Ländern geplante Gesamtsumme von zwei Milliarden Euro entspreche den eigenen Schätzungen.

„Die Herausforderung besteht darin, diese Mittel nun wirksam einzusetzen.“

Gesetze bürgerzentriert anpassen

Roter Faden des NKR-Monitors Digitale Verwaltung ist die Forderung nach Nutzer-, also Bürger-Zentriertheit der digitalen Verwaltung. Dieser Ansatz erfordere „eine besondere Anstrengung auf Seiten der Verwaltung“, heißt es in der Stellungnahme. Letztendlich sollte am besten „jeder Minister […] verpflichtet sein, selbst einmal die Prototypen digitaler Verwaltungsangebote zu testen, bevor diese freigeschaltet werden“.

Dem Normenscreening der vergangenen Legislaturperiode stellt der NKR ein schlechtes Zeugnis aus. Mit der Initiative wollte die Bundesregierung alle bisherigen Gesetze auf ihre Digitaltauglichkeit prüfen und gegebenenfalls anpassen – mit „mäßigem Erfolg“, heißt es in der Stellungnahme. Der NKR schlägt nun ein Verfahren mit umgekehrter Beweislast vor:

„Alle papiergebundenen Schriftformerfordernisse und Nachweispflichten sollten von vornherein als abgeschafft gelten und Ausnahmen nur im begründeten Einzelfall zugelassen werden.“

Gesetzesanpassungen aufgrund des OZG seien insgesamt eine besondere Herausforderung, so der NKR:

„Um eine Rechtsanpassung konsequent für die 14 OZG-Themenfelder durchzuführen, müssten in den verbleibenden 3,5 Jahren rechnerisch 4 Artikelgesetze pro Jahr verabschiedet werden. Dies erfordert eine aktive und beharrliche Steuerung durch das Bundeskanzleramt.“

Einheitliche Standards nötig

Ähnlich kritisch klingt die Stellungnahme auch mit Blick auf die bisherige Herangehensweise an einen weiteren zentralen Baustein digitaler Verwaltung: digitale Servicekonten. Mit ihrer Hilfe sollen Bürger und Unternehmen sich online identifizieren sowie ihre Daten verwalten und freigeben können. Der NKR kritisiert die individuellen Ansätze von Bund und Ländern:

„Es ist nicht ersichtlich, warum sich Bund und Länder bisher nicht auf ein einheitliches nationales Bürger- bzw. Unternehmenskonto einigen können.“

Insgesamt sei der Nachholbedarf für Standardisierung im Bereich E-Government in Deutschland „sehr groß“, so der NKR. Das betreffe zum einen Standards für die Verwendung von XML in der öffentlichen Verwaltung (XÖV). Die Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT) müsse diese schneller erstellen, als es bisher der Fall ist. Zum anderen sei insgesamt eine föderale Plattformarchitektur nötig, „die die unzähligen Frontends, Fachverfahren und sonstigen IT-Komponenten miteinander verbindet“.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Torben Klausa schreibt als Redakteur zur Digitalpolitik.

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