Netzpolitische Forderungen: CDU zu Social Media, E-Health und E-Agrar

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Veröffentlicht am 01.02.2017

Gleich drei netzpolitische Papiere hat die Union in einer Woche vorgelegt: Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion verabschiedete bei ihrer Sitzung am 24. Januar Positionspapiere zum Umgang mit Hass im Netz und Fake News sowie zur Digitalisierung der Landwirtschaft, die Partei veröffentlichte ein 12-Punkte-Programm zur E-Health-Strategie.

Überraschend schnell formulierte die CDU/CSU-Fraktion ihr Positionspapier zur Regulierung von sozialen Medien. Bei einem Fachgespräch der Fraktion am 18. Januar hatten der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder und sein für Rechtsfragen zuständiger Stellvertreter Stephan Harbarth noch angedeutet, dass sie einige Zeit brauchen werden, um eine Antwort auf die schwierigen Rechtsfragen zu finden. Wenige Tage später folgte dann das siebenseitige Positionspapier mit dem Titel Diskussion statt Diffamierung – Aktionsplan zur Sicherung eines freiheitlich-demokratischen Diskurses in sozialen Medien.

Es enthält zahlreiche Forderungen an die Plattformbetreiber, die mit Änderungen in verschiedenen Gesetzen umgesetzt werden sollen. Bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des Papiers am 25. Januar sagte Harbarth, es müssten Änderungen im Telemediengesetz, im Strafgesetzbuch sowie in der Strafprozessordnung und in der Zivilprozessordnung geprüft werden.

Ihre Forderungen hat die Union in fünf Themenbereiche unterteilt:

  • Umgang mit Beschwerden
  • Auskunftsanspruch des Berechtigten gegen den Plattform-Anbieter
  • Straf- und zivilrechtliche Konsequenzen
  • Umgang mit Fake News und Social Bots
  • Europarechtliche Maßnahmen
  • Digitale Bildung

Zum Umgang mit Beschwerden fordert die Union unter anderem, dass die Social-Media-Plattformen innerhalb von 24 Stunden darüber entscheiden müssen, ob sie einen von Nutzern als anstößig gemeldeten Beitrag löschen. Die Entscheidung sollen gegenüber dem Meldenden begründet werden.

„Jeder Anbieter ist verpflichtet, den Nutzern eine einfach zugängliche und leicht auffindbare Beschwerdestelle zur Verfügung zu stellen, an die sich Betroffene direkt wenden können. Diese Stelle muss durch den Anbieter intensiv beworben werden. Außerdem werden wir gesetzliche Mindeststandards für Beschwerdestellen festlegen“, heißt es in dem Paper.

Opfer von Persönlichkeitsrechtsverletzungen sollen vom Plattformbetreiber wie bei Urheberrechtsverletzungen Auskunft über die Identität desjenigen verlangen können, der die Rechtsverletzung begangen hat. Mehrere Unionsabgeordnete hatten im Dezember eine Verschärfung des Strafrechts bei Beleidigungen im Netz gefordert.

Diese Forderung ist auch im Positionspapier enthalten. „Der Beleidigungstatbestand muss überarbeitet und an die digitalen Begehungsmöglichkeiten angepasst werden. Eine Beleidigung im Internet verschwindet nie wieder, verbreitet sich sekundenschnell weltweit und verfolgt ein Opfer möglicherweise sein Leben lang. Dem muss das Straf- und Zivilrecht Rechnung tragen. Für Cybermobbing muss es künftig einen Qualifikationstatbestand mit erhöhtem Strafmaß geben. Ebenso muss die zivilrechtliche Verfolgung von Persönlichkeitsverletzungen zu deutlich höheren Schmerzensgeldansprüchen führen“, steht im Beschluss der Unions-Bundestagsfraktion.

Der sozialdemokratische Koalitionspartner lehnt eine solche Strafrechtsverschärfung bislang ab. Harbarth sagte dazu:

„Wir sehen ja auch in anderen Bereichen, etwa in der Innenpolitik, wie die SPD in vielen Punkten, in denen wir Änderungen im Strafgesetzbuch verlangt haben, dies vom Tisch gewischt hat. Jetzt hat die SPD gerade eine Kehrtwende vollzogen. Insofern hoffen wir auch hier, dass die SPD sich der Erkenntnis, dass so etwas doch erforderlich ist, nicht verschließen wird.“

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende appellierte an Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), spätestens im Februar einen Gesetzentwurf vorzulegen, der möglichst viele Punkte aus dem Unionspapier enthalte. Maas habe lange auf eine einvernehmliche Lösung mit den Netzbetreibern gesetzt. Die Union habe ihn schon seit längerem aufgefordert, Gesetzesänderungen vorzubereiten.

Das Bundesjustizministerium (BMJV) hat angekündigt, seine Vorschläge für Gesetzesänderungen nach der Präsentation einer Studie zum Thema vorzulegen, die von jugendschutz.net im Auftrag des Ministeriums erstellt wird. Bisher ist ein genauer Termin für die Vorstellung der Studie noch nicht bekannt, voraussichtlich wird sie in der zweiten Februarhälfte erfolgen.

E-Health-Strategie der CDU

In einem gemeinsamen Beschluss haben der „Bundesfachausschuss Gesundheit und Pflege“ sowie das „Netzwerk Digitalisierung“ der CDU zwölf Punkte für ein digitalisiertes Gesundheitswesen notiert. Diese sollen als „Grundlage für eine künftig weiter auszubauende E-Health-Strategie Deutschlands, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt und die Chancen der Digitalisierung ergreift“, dienen, so die Autoren.

„Die Medizin und damit das gesamte Gesundheitswesen werden sich im 21. Jahrhundert durch die Fortschritte in der Digitalisierung grundlegend verändern“. Aufgabe der Politik sei es, diesen Wandel durch geeignete Rahmenbedingungen weiter voranzutreiben, dann könnten vor allem Ärzte und Patienten profitieren, heißt es in dem zehnseitigen Papier. Weniger Bürokratie binnen der nächsten fünf Jahre und dafür wieder mehr Zeit für den direkten Kontakt, so lautet eines der formulierten Ziele.

Nachholbedarf sehen die Gesundheits- und Netzpolitiker der CDU u.a. beim Thema Vernetzung. Zwar würden „digitale Daten“ mittlerweile in fast allen Einrichtungen des Gesundheitswesens genutzt. „Doch vielfach fehlen die Verbindungen für den Datentransfer“, monieren die Autoren. Das soll sich zumindest „langfristig“ ändern. „Ziel muss sein, alle Akteure im Gesundheitswesen miteinander zu vernetzen und einen sicheren und schnellen Datentransfer zu ermöglichen“. Aktuell kämen in der ambulanten und stationären Versorgung mehr als 200 verschiedene IT-Systeme zum Einsatz, die in der Regel nicht darauf ausgelegt seien, „miteinander in einer für alle IT-Systeme verständlichen Form Informationen auszutauschen“.

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Weil dies nicht nur die Entwicklung neuer Produkte hemme, sondern auch schlecht für die Versorgung der Patienten sei, begrüße man „den Aufbau eines Interoperabilitätsverzeichnisses“ und fordere die „zeitnahe Umsetzung der Standardisierung auf Basis des IoP-Verzeichnisses unter Einbeziehung nationaler und internationaler Experten“, heißt es im CDU-Papier. Laut E-Health-Gesetz soll das öffentlich zugängliche Verzeichnis, für dessen Aufbau, Pflege und Betrieb die Gesellschaft für Telematik zuständig ist, bis zum 30. Juni 2017 fertig sein.

Um darüber hinaus bei der Vernetzung über die ebenfalls im Aufbau befindliche Telematikinfrastruktur u.a. in Krankenhäusern für ein „Höchstmaß an Cybersicherheit“ zu sorgen, verlangen die beiden CDU-Fachgremien, dass „auf Basis der Bestimmung kritischer Infrastrukturen im Gesundheitsbereich durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) entsprechende Maßnahmen einzuleiten bzw. zu definieren“ sind und zusammen mit der IT-Industrie „gemeinsame Standards und Prüfkriterien“ für digitale Anwendungen entwickelt werden.

Große Erwartungen knüpfen die Gesundheits- und Netzpolitiker der CDU an die Telemedizin. Diese böte gerade „angesichts des Bevölkerungswandels und der damit verbundenen Herausforderungen für eine gute medizinische Versorgung besonders in den ländlichen Regionen“ ganz neue Möglichkeiten, die dafür sorgen, „dass sich nicht die Patienten auf den Weg machen müssen, sondern dass sich die Daten für die Patienten auf den Weg machen“. Warum aber selbst etablierten Verfahren, wie z.B. dem Telemonitoring, der Sprung in die Regelversorgung bis dato noch versagt blieb, führen die CDU-Experten gleich auf mehrere Gründe zurück.

So sei es Ärzten hierzulande bspw. „nur eingeschränkt gestattet, Patienten ausschließlich telemedizinisch zu behandeln. Deshalb sollte die Fernbehandlung offener formuliert werden“, fordern der Bundesfachausschuss Gesundheit und Pflege sowie das Netzwerk Digitalisierung.

Digitalisierung der Landwirtschaft

Das dritte Themengebiet, zu dem die Union ein Positionspapier erarbeitet hat, ist die Digitalisierung der Landwirtschaft. Thomas Jarzombek, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Digitale Agenda der CDU/CSU-Fraktion und der zuständige Berichterstatter Maik Beermann stellten den Fraktionsbeschluss mit dem Titel Smart Farming – Potenziale digitaler Agrarwirtschaft zwischen Feld und Stall bei einer Pressekonferenz am 18. Januar vor.

Die Union stellt sich darin u.a. auf den Standpunkt, dass die Landwirte „über die Datenhoheit ihrer ‚digitalen Feldfrüchte´ verfügen“ sollen. Das heißt u.a., dass den Landwirten auch die Daten gehören, die Maschinen beim Bearbeiten eines Feldes erheben. „Die Entscheidung, die produzierten Daten zur Analyse und Auswertung an Dritte weiterzugeben, hat also bei dem jeweiligen Landwirt zu verbleiben. Dadurch wird die Zustimmung des Landwirtes auch zur Verwendung dieser Daten für Kontrollen durch die Agrar- oder Fachverwaltungen notwendige Bedingung“, heißt es im Papier.

Als grundlegende Voraussetzung für einen Ausbau der digitalisierten Landwirtschaft „mit Echtzeitanalyse von Daten, kommerzieller Drohnennutzung und effizienter Kommunikation der Betriebsabläufe“ sieht die Unionsfraktion die flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet. Es komme darauf an, die Voraussetzungen für eine zügige Durchsetzung der 5G-Technologie zu schaffen. „Insbesondere in Bereichen, die für Telekommunikationskonzerne unwirtschaftlich sind, sollten verstärkt staatliche Mittel zum Einsatz kommen“, so die Autoren des Positionspapiers.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Sascha Klettke ist Chef vom Dienst und Analyst für Netzpolitik.

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