Online-Handel: Mehr Salat aus dem Netz?

Foto: CC by 2.0 Flickr User Kyle Brazil / Titel: First Amazon Fresh delivery. / Ausschnitt angepasst
Veröffentlicht am 14.02.2017

Mit einem Klick landet der Salat im virtuellen Warenkorb. Ein paar weitere Klicks schicken das „E-Food“ auf die Reise bis es ganz analog per Lieferdienst zur Wohnungstür gelangt. Der Online-Handel in Deutschland boomt wie in kaum einem anderen Land. Derzeit ist der Marktanteil vom Online-Lebensmittelhandel zwar noch mikroskopisch, etwa ein Prozent des Gesamtumsatzes macht er laut dem EHI Retail Institute aus. Aber mit 19 Prozent Wachstum und steigenden Anbieterzahlen ist die Branche im Aufbruch. Der „Digitalisierungsschub“ steht dem Lebensmittelhandel unmittelbar bevor, prophezeit auch die Verbraucherzentrale Brandenburg in ihrer neuen Studie E-Food im Frischemarkt.

„Digitalisierungsschub“ der Lebensmittelbranche

Jeder zehnte Deutsche kauft Lebensmittel online ein, so der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh). Und jeder Vierte hat schon einmal Essen im Netz bestellt, fand der Branchenverband Bitkom in einer Umfrage heraus. Für diejenigen, die im Web Lebensmittel bestellten, waren die Hauptgründe Unabhängigkeit von Öffnungszeiten, die direkte Lieferung nach Hause und Zeitersparnis. Neben der Bequemlichkeit für Viel-Beschäftigte, bietet der Online-Handel aber auch Vorteile für ältere und pflegebedürftige Menschen oder solche mit eingeschränkter Mobilität.

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Bis Dato wurde der Online-Lebensmittelhandel von den Supermärkten angeschoben, denn der Deutsche geht auch im Web zum Supermarkt „um die Ecke“ anstatt zu Amazon oder Ebay. Außerdem haben Spezialitäten- und Fachhändler im Netz eine Nische für ihre Produkte gefunden. Dennoch bangen seit einiger Zeit vor allem die Supermärkte vor einem neuen Konkurrenten: der Online-Riese Amazon steht vor den Toren des deutschen Frischemarktes. „Amazon fresh“ spezialisiert sich auf Lebensmittel und soll bald in Berlin und anderen deutschen Städten anlaufen. Rewe-Chef Caparros will deshalb vorsorgen:

„Bis 2020 wollen wir unseren Online-Umsatz auf etwa 800 Millionen Euro steigern. Wenn wir da nicht investieren, werden wir irgendwann von Amazon abgehängt“, sagte er im Dezember.

Gesundheitliche, logistische und rechtliche Herausforderungen

Für die Logistik heißt der Trend, dass die Branche sich mehr auf individualisierte Zustellungen ausrichten muss. Das bedeutet einen höheren Koordinierungsaufwand und Umweltbelastung durch vermehrte Lieferfahrten. Lebensmittel sind leicht verderbliche Waren und müssen schnell und zuverlässig zugestellt werden. Ist der Kunde zur Lieferung seiner Gemüsebox und Fischfilets nicht im Haus, kann die Ware nicht einfach in einer Paketstation gelagert oder am nächsten Tag zugestellt werden. Außerdem ist die Kühlung von Frischware mit höheren Kosten verbunden.

Die Auswertung von 134 Testkäufen bei 32 Online-Händlern durch die Verbraucherzentrale Brandenburg ergab, dass „der Anspruch nach adäquat gekühlten Lebensmitteln gegenwärtig noch nicht immer erfüllt werden kann“. Außerdem zeigten „druckempfindliche Lebensmittel“, also Obst, Gemüse und der zu Anfang bestellte Salat bei den Testkäufen Qualitätsverluste. Die Testkäufe ergaben auch, dass viele Online-Händler keine oder falsche Angaben zur Herkunft machten.

Für Online-Händler gelten die gesetzlichen Informationspflichten wie für den Einzelhandel. Aber es gibt auch noch rechtliche Lücken, denn anders als im Laden kann der Kunde die Ware im Web nicht begutachten und benötigt weitere Informationen. Der Europäische Gerichtshof klärt derzeit, ob ein Online-Händler von biologischen Produkten sich zertifizieren und ausweisen muss – so wie der Einzelhandel auch.

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