Puzzle lösen für Clinton

Veröffentlicht am 27.10.2016

„Wir nutzen Mathe um Hillary Clinton zu helfen die nächste Präsidentin von den USA zu werden“,

heißt es in der Stellenbeschreibung zum Datenanalysten für Hillary Clintons Wahlkampagne. Die Bewerbung ist jetzt schon lange abgeschlossen. Im Gegenteil laufen die Rechner der Datenanalysten  gerade heiß im Endspurt vor der US Wahl am 8. November.  Denn Daten bedeuten nicht nur Geld sondern auch Wählerstimmen. Mit der Datenanalyse kommt Clinton dem einzelnen Wähler in den USA näher als es in Deutschland vorstellbar ist.

Datenanalyse ermöglicht, dass potenzielle Wähler das passende Kampagnenvideo in ihrem E-Mail Fach erhalten und auf der Wahlkampfwebseite Photos sehen, die mit ihren Interessen und Anliegen abgestimmt sind. Daten entscheiden, wer einen Anruf erhält und wann die richtige Zeit für einen Hausbesuch bei Unentschlossenen ist. Im Hintergrund von Clintons Wahlkampagne arbeitet ein hoch professionelles Team mit Daten, um eine Strategie zu entwickeln, die jeden potentiellen Wähler abfängt – in dem er oder sie zum richtigen Zeitpunkt mit dem richtigen Inhalt angesprochen wird. Die Analysten treffen mit Hilfe von Daten auch Trends und Vorhersagen, die den Verlauf der Wahlkampagne bestimmen. Mehr Info zu Big Data im US-Wahlkampf haben unsere Kollegen im Telefónica BASECAMP.

Foto CC Flickr User kris krüg

Obamas Kampagne: Vorreiter für Datenanalyse im Wahlkampf

Die erste Präsidentschaftskampagne, die intensiv auf Datenanalyse setzte, war die von Obama 2007/2008. Allein die Hälfte der Wahlkampfspenden wurden online gesammelt – durch eine Kommunikationsstrategie, die auf Datenanalyse beruhte. Obamas Analysten optimierten das gezielte Nutzen von Wählerdaten und führten Echtzeit-Experimente über das Online-Verhalten von Wählern durch. Damals bestand Obamas Datenanalyse Team aus gerade einmal sechs Mitgliedern, wie der damalige Chef des Teams Dan Siroker erzählt. Siroker kündigte zu dieser Zeit seinen Job als Produktmanager bei Google, um für Obamas Kampagne zu arbeiten.

Die Datenanalysten nutzten Obamas offizielle Kampagnen-Webseite, um deren Besucher zu analysieren. Zum Beispiel testeten Siroker und sein Team, ob Besucher der Webseite sich für den Emailverteiler anmeldeten, wenn neben der Eingabe für die E-Mail Adresse ‚Registriere dich‘, ‚Registriere dich jetzt‘, ‚Beteilige dich‘ oder ‚Erfahre mehr‘ stand – und das in Kombination mit verschiedenen Fotos oder Videos. Der eindeutige Gewinner war die letzte Option: „Erfahre mehr“ mit einem Bild von Obamas Familie. Wichtig sei aber, nicht zu generalisieren, sagt Siroker. Die Kunst der Datenanalyse soll vielmehr das Gegenteil erreichen: zu individualisieren. Die Ergebnisse sind mit der Zeit immer präziser geworden – mit Hilfe von komplexen Algorithmen.

Algorithmen für Wählerstimmen

Es reicht also nicht, den Wahlkampfspruch zu finden, der die meisten Wähler begeistert. Die Aufgabe der Datenanalysten besteht vor allem darin, bestimmte Algorithmen zu entwickeln, die Informationen über potenzielle Wähler sammeln und auswerten können, um den Umgang mit ihnen zu personalisieren. „Die Fähigkeit eine Metrik zu erstellen“, heißt das dann in der Stellenanzeige. Clintons idealer Datenanalyst sieht des Weiteren so aus: er oder sie beantwortet wichtige Fragen mit Daten, schließt selten die Excel Tabelle, liest die Methoden einer Umfrage vor den Schlagzeilen und liebt ein gutes Puzzle.

Puzzle lösen beschreibt die Arbeit der Analysten gut. Sie müssen die Datenmassen so kombinieren, dass sie brauchbare Informationen liefern. Dafür greifen sie auf eine Reihe von Datenbanken zurück. Wählerverzeichnisse, Verbraucherdatenbanken, Vereinsmitgliedschaften oder Soziale Netzwerke liefern bereits zahlreiche Informationen über Wähler: von Alter und Geschlecht zu Essgewohnheiten und Autobesitz. Die Algorithmen können zudem in Echtzeit erfassen und analysieren, wie potenzielle Wähler im Web reagieren – auf eine Aussage Clintons oder eine E-Mail Aufforderung, für den Wahlkampf zu spenden. Damit wird zum Beispiel optimiert, welche Nachrichten der einzelne Wähler erhält, wie diese vermittelt werden und wann.

Clintons mehr als 60 Datenanalysten helfen aber nicht nur bei der Kommunikation mit den Wählern, sondern bilden die Grundlage für die Wahlkampfstrategie – ob Budgetentscheidung oder Reiseverlauf. Nichts würde ohne Elan Kriegel, dem Chef der Datenanalyse von Clinton’s Wahlkampfteam, entschieden, sagt Clintons Kampagnen Manager Robert Mook. Konkret heißt das, Clintons Besuch in Philadelphia am 5. November liegen Daten zu Grunde, die diesen Besuch zu dieser Zeit empfehlen. Gleichzeitig werden die Bewohner des Bundestaats Pennsylvania mit gezielten TV-Spots nach der Arbeit beglückt- auf Budgetempfehlung der Datenanalysten.

Hillary Clinton hat die Datenanalyse früh zur Grundlage ihrer Strategie erklärt. Konkurrent Donald Trump, der noch im Mai dieses Jahres sagte, er hielte Daten für „überschätzt“ im Wahlkampf, zog im Endspurt zu den Wahlen nach. Im August verdoppelte er die Ausgaben für Daten und Datenanalyse.

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