Regulierung sozialer Medien: Mobbing und Hass im Netz- Was tun?

Bundesminister Heiko Maas – hier beim UdL Digital Talk – berief 2014 den SVRV ein, Foto: Henrik Andree
Veröffentlicht am 15.12.2016

Man muss ihn nicht lange suchen, den Hass im Netz. Ein Klick auf die Kommentarspalten unter Artikeln oder anderen Beiträgen im Netz, ein Blick auf Facebook- oder Twitter Debatten – überall springt er einem ins Auge. Dass es scheinbar so einfach ist, seinen Hass im Internet zu verbreiten, mag ein Grund sein für die fälschliche Annahme, Cyber-Mobbing und Hasskommentare im Internet würden im rechtsfreien Raum geschehen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Es gibt Regeln und es lohnt sich, auch im Netz Verantwortung gegen Hass zu übernehmen.

Rechtsgrundlage und Urteile

Es gibt zwar derzeit kein Gesetz, das sich direkt auf Cyber-Mobbing bezieht, aber eine Reihe von Paragrafen aus dem Strafgesetzbuch sind anwendbar. Als strafbarer Tatbestand gelten zum Beispiel üble Nachrede, Verleumdung oder die Verletzung des Rechts am eigenen Bild bis hin zu Nötigung, Bedrohung oder Gewaltdarstellung. Im Gegensatz zu verbalen Äußerungen in der „Offline-Welt“ ist Cyber-Mobbing in den Sozialen Netzwerken aber in der Regel gut dokumentiert. Damit eine Strafverfolgung stattfinden kann, muss Anzeige erstattet werden. So verurteilte das Landesgericht Memmingen im Oktober vergangenen Jahres einen 12-jährigen zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 1.500 Euro, weil er einen Mitschüler auf Facebook immer wieder beleidigt und den Betroffenen zum Selbstmord aufgefordert hatte. In Düsseldorf wurde im Juni dieses Jahres eine Schülerin zu 20 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt, weil sie ihren Lehrer auf Facebook als „behindert“ bezeichnet hatte.

Bei Hasskommentaren greifen dieselben Paragrafen wie bei Cyber-Mobbing, mit Ausnahme der Nachstellung, die eine kontinuierliche (virtuelle) Verfolgung eines Opfers beinhaltet. Speziell bei Hasskommentaren kann außerdem der schwere Tatbestand der Volksverhetzung bestehen, wenn der Verfasser des Beitrags die Würde einer Bevölkerungsgruppe angreift oder zur Gewalt gegen sie aufruft. Ein Ehepaar in Bayern wurde im Juli dieses Jahres wegen Volksverhetzung verurteilt: der Mann zu neun Monaten Freiheitsentzug auf Bewährung und seine Frau zu 1.200 Euro Geldstrafe. Grund war ein Kommentar, der Geflüchtete als Verbecher und Gefahr für die deutsche Bevölkerung darstellte, veröffentlicht auf der Facebook-Gruppe „Anti Flüchtlings Bewegung“, die das Ehepaar einrichtete.

Anlass für die Strafverfolgung ist in vielen Fällen, dass eine unbeteiligte Person bei der Polizei Anzeige erstattet. Außergerichtlich gibt es die Möglichkeit, Hasskommentare auf sozialen Netzwerken oder Video-Portalen zu melden.

Forderungen an Betreiber

Seit über einem Jahr fordert Justizminister Heiko Maas (SPD) von Facebook, Twitter und Google, Hasskommentare schneller und effektiver zu löschen. Facebook kündigte Anfang des Jahres an, eine Stelle für diese Aufgabe in Deutschland einzurichten. Ein erster Test der Beschwerdemechanismen durch Jugenschutz.net zeigte, dass Facebook nur 46 Prozent der im Test gemeldeten strafbaren Inhalte löscht. Bei den anderen Anbietern waren es noch weniger. „Das größte Problem liegt darin, dass die Beschwerden der Nutzerinnen und Nutzer von den Plattformen nicht ernstgenommen werden“, sagt Maas.

Ende Oktober setzte der Justizminister den Sozialen Netzwerken eine Frist bis März 2017, um stärker gegen Hass und Hetze auf ihren Portalen vorzugehen. Er regt außerdem an, das Privileg der Sozialen Netzwerke zu überprüfen, nicht für Inhalte verantwortlich zu sein, die sie verbreiten. Auf europäischer Ebene wird gerade eine Richtlinie zu audiovisuellen Medien diskutiert, bei der die Verantwortung von Medienanbietern für ihre Inhalte geregelt werden soll. Soziale Medien zählen aber derzeit nicht zu diesen Anbietern.

Bundesminister Heiko Maas
Bundesminister Heiko Maas – hier beim UdL Digital Talk 2014 – macht Druck gegen Hass, Foto Henrik Andree

Maas wird zwar für seine Vorhaben gelobt, mittlerweile wächst aber Kritik, dass es dem Justizminister an Durchsetzungskraft mangele. Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz forderte, dass „die Bundesregierung endlich Facebook und andere Netzwerke in die Pflicht nehmen solle“ und Verfasser von Hasskommentare konsequent zur Rechenschaft gezogen werden müssten. Noch immer  gebe es „offensichtliche, ganz erhebliche Defizite bei der Umsetzung des geltenden Rechts“, sagte von Notz, der auch netzpolitischer Sprecher seiner Fraktion ist. Der Koalitionspartner CDU/CSU will nach mehrfacher Kritik an Maas, nun selbst einen Beschluss zu konkreten Vorhaben gegen Hass im Netz fassen. Unter anderem sollen Betreiber sozialer Netzwerke Bußgelder zahlen, falls sie der Löschung von Hasskommentaren nicht nachkommen.

Zivilcourage im Netz

Darüber hinaus gibt es bereits einige Initiativen, die zu Zivilcourage im Netz aufrufen. Die Botschaft: Auch im Netz sollte man Opfern beistehen, Hasskommentaren Paroli bieten und ganz grundsätzlich unsere gesellschaftlichen Werte auch im Netz hochhalten. Die Amadeu Antonio Stiftung gibt zum Beispiel Tipps, was man gegen Hass im Netz tun kann, 2014 startete die Kampagne „Stoppt Hasspropaganda„. Hilfe für den Umgang mit Cyber-Mobbing gibt unter anderem die EU-Initiative Klicksafe, die auch Links zu anderen relevanten Webseiten bereitstellt.

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