Serie zur Europawahl: Die Digitalpolitik der Freien Demokraten

Foto: Fotolia / Maksim Kabakou
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Veröffentlicht am 06.02.2019

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„Mut zur Veränderung“ fordern die Freien Demokraten im Titel ihres Programms zur Europawahl am 26. Mai. Die Europäische Union solle sich um die gemeinsam zu lösenden, großen Themen kümmern und sich nicht im „Klein-Klein“ verzetteln. Diese Zielrichtung geht auch aus den Forderungen der Liberalen zur Überarbeitung der Strukturen und Zuständigkeiten der EU sowie ihren inhaltlichen Positionen zur Digitalpolitik hervor. Ihr Programm beschloss die FDP am 27. Januar auf dem Europaparteitag in Berlin. Einen Tag zuvor wählten die Delegierten die Bundestagsabgeordnete und Generalsekretärin der Partei, Nicola Beer, mit 85,98 Prozent zur Spitzenkandidatin der FDP.

Europäische Digitalpolitik

Für die FDP ist die Digitalpolitik eines der Felder, auf denen die Mitgliedstaaten der EU gemeinsam mehr erreichen können. Daher fordern die Liberalen die Vervollständigung des digitalen Binnenmarkts. Dieser soll „eine einheitliche rechtliche Basis und gemeinsame technische Standards“ in Europa gewährleisten. Eine Digitalsteuer, wie von der EU-Kommission vorgeschlagen, lehnt die Partei hingegen ab. Sie will eine „Doppelbesteuerung digitaler Wertschöpfung“ vermeiden.

Digitale Infrastruktur

In ihrem Wahlprogramm fordert die FDP „Gigabitstrukturen in der Fläche“. Ein „ambitionierter Breitbandausbau“ sei Voraussetzung, um die Digitalisierung in der EU voranzutreiben. Deshalb will die FDP, dass EU-weit „Glasfaser bis zur Haustür“ Standard wird. Die Connecting Europe Facility soll beim Ausbau sowohl der 5G- als auch der Glasfaser-Infrastruktur helfen. Initiativen zum Ausbau digitaler Infrastrukturen sollen aus dem EU-Haushalt gefördert werden.

Digitales Unternehmertum

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Um grenzüberschreitende Innovationen und Digitalisierung zu ermöglichen, fordern die Freien Demokraten „europäische Digital-Freiheitszonen“. Diese „Sonderwirtschaftszonen“ sollen von weniger Regulierung profitieren. In enger Kooperation mit den Freiheitszonen soll eine neueingerichtete „Europäische Agentur für Sprunginnovationen“ arbeiten. Sie soll „radikale und disruptive Innovationen“ fördern.

Innovation als Chance

Um technologische Innovationen zu fördern, soll das Programm zur Forschungsförderung „Horizont Europa“ – das Nachfolgeprogramm von „Horizont 2020“ – weiterentwickelt werden. Schwerpunkte sollen dabei unter anderem auf Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) gesetzt werden. Ein „europäischer Bürgerdialog“ soll die Akzeptanz neuer Technologien verbessern. Das gelte auch für die Künstliche Intelligenz, die „nicht der befürchtete Job-Killer“ sei, sondern vielmehr die Wettbewerbsfähigkeit Europas unterstützen könne.

Datenschutz und IT-Sicherheit

Für die FDP zieht die digitale Entwicklung in Europa auch die Notwendigkeit für eine Weiterentwicklung des Rechts nach sich. In diesem Zusammenhang begrüßt die Partei die Einführung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), fordert aber auch eine Evaluierung und Anpassung für 2020. Zusätzlich will die FDP Forschungsmittel der EU „gezielt zur Erforschung von Datenschutztechnologien und -infrastruktur“ einsetzen. Europa soll eigene „Cloud-Anbieter“ und „europäische Datenschutzstandards“ entwickeln. Beim Datenaustausch will die FDP von Nicht-EU-Ländern das gleiche „Datenschutzniveau“ fordern wie von den Mitgliedsstaaten.

Im Bereich der IT-Sicherheit fordert die FDP „verbindliche europäische Mindeststandards und Grundsätze“. Bei Sicherheitslücken in Hard- und Software-Produkten sollen Produzenten haften müssen. Weiter fordert die FDP, dass die Verwendung verschlüsselter Kommunikation von der EU gefördert wird. Schwachstellen in Systemen (Exploits) sollen nicht von staatlicher Seite ausgenutzt werden.

Upload-Filter oder ein europäisches Netzwerkdurchsetzungsgesetz lehnen die Liberalen als Zensur ab. Gleichzeitig soll das geistige Eigentum geschützt werden. Anstatt des Urheberrechts soll der Markt durch entsprechende Lizenzverträge dafür Sorge tragen, dass Urheber fair entlohnt werden. Dabei setzt die Partei auch auf innovative Ansätze wie Blockchain-Lösungen.

Digitale Bildung

Ein weiterer Schwerpunkt des Wahlprogramms ist der Aufbau „digitaler Bildungsplattformen“. Diese sollen allen EU-Bürgern uneingeschränkt zugänglich gemacht werden. Mit sogenannten „Massive Open Online Courses“ (MOOCs) sollen Bildungsinhalte in allen EU-Sprachen zur Verfügung gestellt werden. Ein vorrangiges Ziel dabei ist, „europabezogene Inhalte zu vermitteln“. Die Inhalte sollen von „akademischer Lehre und Wirtschaft“ bestimmt werden. Mithilfe von MOOCs soll aber auch eine „European Digital University“ unter der Trägerschaft der EU errichtet werden. Eine „europäische Online-Akademie“ zur Weiterbildung soll zudem auf die digitale Arbeitswelt vorbereiten.

Forderungen nach strukturellen Reformen

Die FDP stellt in ihrem Europawahlprogramm aber auch eine ganze Reihe konkreter Forderungen für strukturelle Reformen. Aus Sicht der FDP soll sich die EU insbesondere auf die Bereiche „Handel, Binnenmarkt, grenzüberschreitende Infrastruktur, Digitalisierung, Außenpolitik und Verteidigung, Sicherheit, Energie und Klima, Schutz der Außengrenzen, Einwanderung und Asyl“ konzentrieren. Das Europäische Parlament soll einen festen Tagungsort bekommen und den kostenträchtigen Parallelbetrieb in Straßburg und Brüssel einstellen. Gleichzeitig soll das Parlament politisch aufgewertet werden und ein eigenes Initiativrecht erhalten. Der Rat wird als zweite Parlamentskammer betrachtet, dessen Arbeit „transparenter“ werden soll. Angestrebt wird, dass alle Sitzungen „live übertragen“ werden. Die EU-Kommission will die FDP wiederum auf 18 Kommissare verkleinern. Deren jeweilige Ressorts sollen die genannten Zuständigkeiten der EU widerspiegeln.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Christian Krug schreibt als Redakteur zur Digitalpolitik.

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