Studie: E-Government kommt bei Bevölkerung noch nicht an

Foto: CC-By-SA 2.0 Flickr User David Mulder . Bildname: Day 12. Working from home.
Veröffentlicht am 01.11.2017

Obwohl es auf politischer Ebene inzwischen einen Konsens gibt, dass dem Ausbau des E-Governments in der neuen Legislaturperiode eine wichtige Bedeutung zukommen, nimmt die Bevölkerung viele bestehende Angebote noch gar nicht an. Das liegt an praktischen Hürden, mangelnder Information zu den Möglichkeiten, Behördengänge und Antragsverfahren online zu erledigen, aber auch an Bedenken in puncto Datensicherheit. Zu diesem Ergebnis kommt der jährlich von der Initiative D21 herausgegebene E-Government Monitor, der das E-Government-Nutzungsverhalten der Bevölkerung untersucht und am 27. Oktober in Berlin vorgestellt wurde. Im Vorwort der Studie, die neben Deutschland auch Österreich und die Schweiz mit in den Blick nimmt, gibt sich Schirmherr und BMI-Staatssekretär Klaus Vitt durchaus selbstkritisch:

Foto: CC-By-SA 2.0 Flickr User David Mulder. Bildname: Day 12. Working from home.

„In den letzten Jahren sind viele Anstrengungen zur Modernisierung der Verwaltung unternommen worden, aber nicht flächendeckend und nicht konsequent genug.“ Vitt weiter: „Die Barrieren für E-Government werden offensichtlich zu schleppend abgebaut. Das wollen wir ändern.“

Nutzung von E-Government

In diesem Jahr hat die Nutzung von digitalen Behördendienstleistungen in Deutschland um vier Prozentpunkte abgenommen, nur 41 Prozent der Menschen machen von ihnen Gebrauch. Eine solche Abnahme weist der E-Government Monitor seit 2012 Jahr für Jahr aus. In Österreich (74 Prozent) und der Schweiz (61 Prozent) zeichnet sich ein anderes Bild, die Menschen nutzen jedes Jahr mehr Behördendienstleistungen online. 48 Prozent der Deutschen geben an, dass ihnen Online-Angebote schlichtweg nicht bekannt sind. Weitere 48 Prozent monieren, dass sie zusätzliche Geräte anschaffen müssten, um Online-Angebote überhaupt erst richtig nutzen zu können. 47 bemängeln, dass bestimmte Anträge und Vorgänge nicht vollständig online abgewickelt werden können und dadurch doch mindestens einen Behördengang nötig machen. Insgesamt hat die Zufriedenheit in allen drei Ländern abgenommen. „Zufriedenheit führt maßgeblich zur weiteren Nutzung und Weiterempfehlung“, erklären die Autoren der Studie. Die Zahlen seien deshalb „ungünstige Vorzeichen“.

Datenschutz für Deutsche wichtig

Bedenken haben die Befragten auch bei der Weitergabe ihrer Daten an und zwischen Behörden. Vor allem die Deutschen sind deutlich skeptischer als noch vor einem Jahr und im Vergleich zu den Nutzern in Österreich und der Schweiz. Nur ein Drittel der Deutschen wollen, dass Behörden ihre Daten automatisch aktualisieren. Jüngere sind tendenziell aufgeschlossener, was die Weitergabe ihrer Daten betrifft. Die Autoren vermuten, dass diese Einstellungen zum Datenschutz einer häufigeren Nutzung von E-Government Angeboten im Weg stehen. Das Once-Only-Prinzip, bei dem Daten nur einmal erfasst und dann zwischen Behörden ausgetauscht werden können, verlangt ein gewisses Vertrauen gegenüber den Behörden. Deshalb empfehlen die Autoren der Studie:

„Insgesamt sollte dem Thema Datenschutz und -sicherheit eine hohe Priorität zugesprochen und entsprechende Maßnahmen aktiv kommuniziert werden, damit es einer Nutzung nicht als Barriere im Wege steht.“

Mehr als bisher müssen zukünftige Angebote „grundlegend von den Anwendenden her gedacht werden“.

Kulturwandel nötig

Für Hannes Schwaderer, Präsident der Initiative D21, steht fest:

„Es fehlt an Anreizsystemen, z. B. über Gebühren- oder Zeitersparnis, um der Bevölkerung den digitalen Weg schmackhaft zu machen. Erst wenn für die Bürgerinnen und Bürger ein echter Mehrwert entsteht, werden die Dienste auch akzeptiert. Dann steigt auch die Nutzung.“

Über diese und andere bestehende Hürden diskutierten auch die Teilnehmer bei der Vorstellung des E-Government Monitors 2017 in Berlin. Um den großen Rückstand gegenüber den anderen Ländern aufzuholen, müsse man in Deutschland „sofort loslegen“ mit der Verbesserung der Angebote, meint Staatssekretär Vitt. Mit kleinen Anpassungen sei es nicht getan:

„Wir brauchen einen Kulturwandel zwischen Bund, Ländern und Kommunen“, so Vitt.

Angesichts der Problematik fragte der Vorsitzende des Normenkontrollrates, Dr. Johannes Ludewig:

„Wie können wir 15 Jahre lang nicht mitkriegen, was um uns herum geschieht?“

Auch sein Gremium pocht immer dringender auf die Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland. Dem FDP-Abgeordneten Manuel Höferlin, der auch für die Partei an den Sondierungsrunden zum Thema Digitales beteiligt ist, gehen die angekündigten Zeithorizonte nicht weit genug. Die „Geschwindigkeit, die Verwaltung durch Strukturen und Kultur bereit ist, zu gehen“ sei „völlig weltfremd“, erklärte er in der Diskussion. „So lange kann niemand warten!“, fügte er via Twitter hinzu.

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Lina Rusch schreibt über Netzpolitik und beobachtet die Landespolitik. 

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