Telefonieren international: Wie funktioniert eigentlich Roaming?

Veröffentlicht am 31.01.2017

Jetzt ist die EU-Kommission kurz vor dem Ziel: Ab dem 15. Juni soll das Telefonieren aus dem Ausland genau so viel kosten wie im Heimatland. „Roam like at home“ heißt der Brüsseler Slogan dafür. Der Weg dahin war ziemlich weit: Vor zehn Jahren begann die europäische Regulierung der Roaminggebühren. Über Preissenkungen ging es auf die Abschaffung zu. Und auch jetzt, weniger als ein halbes Jahr vor dem geplanten Ende der Gebühren, ist noch nicht alles in trockenen Tüchern: Anfang Februar wollen sich EU-Kommission, Rat und Parlament über die letzten Details einigen.

Während die europäische Politik vor allem über die Gebühren für die Verbraucher diskutiert, gibt es zwischen den Mobilfunkbetreibern eine ganz praktische europäische Union. Zusammen müssen sie dafür sorgen, dass innerhalb weniger Sekunden ein Gespräch aus einem Netz aufgebaut werden kann, mit dessen Betreiber der Handybesitzer gar keinen Vertrag hat. Wie funktioniert das eigentlich?

Beispiel Italien-Urlaub. Ein Reisender mit einem Vertrag bei der Telefónica Deutschland möchte zu Hause in Berlin anrufen. Er schaltet sein Handy ein. Das Handy findet das Netz von Telecom Italia und sendet ihm seine IMSI – die International Mobile Subscriber Identity, einer Zahlenfolge, die aus Codes für Land, Mobilfunkbetreiber und der eigentlichen SIM-Kartennummer  besteht. SIM (Subscriber Identity Module) ist der kleine Chip im Handy. Ein Rechner von Telecom Italia, das sogenannte Mobile Services Switching Centre (MSC), erkennt nun, dass das Handy aus Deutschland von Telefónica stammt, und schickt eine Anfrage an das zentrale Mobilfunkregister von Telefónica Deutschland: Das HLR. Die Abkürzung steht für Home Location Register. Das HLR kennt alle Vertragsdaten, weiß also auch ob der Roaming-Dienst freigeschaltet ist und ob der Kunde einen Prepaid-Vertrag hat oder per Rechnung bezahlt (das macht einen Unterschied, wenn das Gespräch aufgebaut wird). Diese Vertragsdaten schickt das Telefónica-HLR nun an das MSC in Italien. Das deutsche Handy ist jetzt dort eingebucht – und der Berliner kann nach Hause telefonieren.

Anmelden im fremden Netz

Die vollautomatische Kommunikation zwischen den Rechnern des ausländischen Netzbetreibers und dem heimischen Vertragspartner des Kunden dauert nur Sekunden. Technisch unterscheidet sich der Vorgang auch nicht viel vom Einbuchen eines Handys im gewohnten Mobilfunknetz im Heimatland. Damit das aber auch im Ausland und zwischen verschiedenen Providern funktioniert, haben die Netzbetreiber Abkommen geschlossen und verbindliche Absprachen getroffen, wie der Prozess funktioniert.

Nach Hause telefonieren

Wenn der Urlauber aus Berlin nun wirklich eine Nummer wählt, dann werden praktisch zwei Verbindungen aufgebaut: Die eine ist die Telefonverbindung, über die das Gespräch läuft. Hier kommunizieren die MSC der Telefongesellschaften über mehre Stationen miteinander – bis zur Verbindung ins Festnetz oder vom Sendemast zum angerufenen Handy. Die zweite Verbindung dient dem technischen Austausch der Netzbetreiber, das ist die Signalisierungsverbindung. Hier tauschen bei unserem Beispielgespräch die Netzknoten über die Signaling Transfer Points (STP) von Telecom Italia und Telefónica Deutschland Informationen aus. Auf diesem Weg können auch die Abrechnungsdaten während des Gesprächs erfasst werden, die dann zwischen den Netzen ausgetauscht werden.. Für den Mobilfunkbetreiber ist es natürlich besonders wichtig, dass Prepaid-Kunden nicht für höhere Beträge telefonieren oder surfen als sie Guthaben auf der Karte haben. Deshalb erfolgt die Abrechnung dabei in Echtzeit.

Anruf aus der Heimat

Wenn unser Italien-Urlauber nun vom Handy aus Deutschland zurückgerufen wird, dann läuft die Kommunikation der Mobilfunkrechner in  umgekehrter Richtung. Wenn auch der Anrufer Telefónica-Kunde ist, dann landet der Gesprächswunsch bei einem MSC von Telefónica. Nach einer Datenbankabfrage weiß das MSC, dass auch der Gesprächspartner eine SIM-Karte von Telefónica benutzt. Nun fragt das MSC beim HLR an, wo das Handy zu erreichen ist. Das HLR kennt die Antwort (im Netz von Telekom Italia) und signalisiert dem MSC in Italien, in dessen Bereich der Urlauber gerade eingebucht ist, dass es ein Gespräch vermitteln möchte. Das MSC von Telecom Italia schickt dem HLR von Telefónica Deutschland einen Nummern-Code für das Roaming-Gespräch zurück, den leitet das Telefónica-HLR an das MSC des Anrufers weiter. Und das deutsche MSC baut dann zusammen mit dem italienischen MSC das Gespräch auf – nun klingelt das Handy des Italien-Urlaubers.

Wenn er abnimmt, dann soll das ab Juni 2017 nichts mehr kosten – genau wie beim Telefonieren in Deutschland. Für „normale“ Touristen sollten das Telefonieren, Simsen und Surfen dann deutlich günstiger sein als bisher. Wer allerdings mehrere Monate lang im Ausland unterwegs ist oder einen besonders günstigen Datentarif hat, für den gelten Sonderregelungen. Darüber, wie die genau aussehen, wird in Brüssel gerade noch gerungen. Über das Ergebnis wird UdL digital selbstverständlich informieren.

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