Was Start-ups zum Durchstarten brauchen

Goodbye London: Wird Berlin die neue Start-up-Hauptstadt Europas?CC by 2.0 Flickr User E01/Titel: London Bus / Ausschnitt angepasst
Goodbye London: Wird Berlin die neue Start-up-Hauptstadt Europas?CC by 2.0 Flickr User E01/Titel: London Bus / Ausschnitt angepasst
Veröffentlicht am 06.10.2016

Berlin ist zwar die deutsche Start-up-Hauptstadt, im europäischen Ranking der Digital Cities schafft die Stadt es aber trotzdem nur auf Platz sieben. Neben dem Spitzenreiter London sind Paris, Kopenhagen, Helsinki, Stockholm, Amsterdam attraktivere Standorte für die junge, digitale Startup-Branche. In den USA ist Gründen ein echter Lifestyle und das Silicon Valley der Inbegriff der New Economy. Dass Start-ups mit ihren innovativen, digitalen Geschäftsmodellen besondere Rahmenbedingungen benötigen, ist inzwischen auch in der deutschen Politik angekommen. Aber was brauchen junge Firmengründer eigentlich, damit sie auch bei uns richtig durchstarten können?

Risiko und Wachstum

Die Finanzierung ist für Start-ups das A und O. Wer nicht auf klassische, berechenbare Geschäftsmodelle setzen will, braucht Zugang zu Venture Capital – Wagniskapital. Doch auch „erwachsene“ Start-ups benötigen Kapital, um ihre Geschäftsmodelle, die sich bereits bewährt haben, weiter zu entwickeln. Denn diese Phase entscheidet darüber, ob ein Start-up ein Start-up bleibt, oder ein mittelständisches Unternehmen wird. Mehr Wachstumskapital fordert der Bundesverband Deutscher Startups deshalb.

Mit gleich zwei neuen Initiativen zur Startup-Finanzierung meldete sich die deutsche Politik im Sommer 2016. Das Bundeswirtschaftsministerium hat zwei seiner Finanzierungsinstrumente, die ERP/EIF-Dachfonds und die European Angels Fonds, um eine Milliarde auf 2,7 Milliarden Euro aufgestockt. Zusammen mit der im März gestarteten Wachstumsfazilität im Umfang von 500 Millionen scheint die „Neue_Gründerzeit“, die das BMWi in der Digitalen Strategie 2025 ausgerufen hat, offiziell eingeläutet zu sein. Mit einem neuen Gründerfonds will nun auch das Bundesfinanzministerium für bessere Fördermöglichkeiten für Firmengründer sorgen. Mit dem „Tech Growth Fund“ sollen zehn Milliarden Euro in Form von Krediten der KfW-Bank den Einsatz von Wagniskapital fördern. Damit könnten bis zu 20 Milliarden Euro in die deutsche Start-up-Szene fließen.

Start-up Politik der Bundesregierung

Um die Start-up-Branche in Deutschland zu fördern, braucht es aber nicht nur finanzielle Förderung in den verschiedenen Phasen der Unternehmensentwicklung von der Existenzgründung bis zur Reifephase. Wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik, Start-up-freundliche Steuerpolitik sowie eine fortschrittliche Digitalpolitik sind genauso wichtig für den Gründungsstandort Deutschland. Der Branchenverband Bitkom stellt fest:

„Keine Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag so viele Maßnahmen und gesetzliche Initiativen für Start-ups und junge, innovative Unternehmen angekündigt, wie die jetzige.“

Das Fazit Ende 2015 war allerdings, dass zwei Jahre nach Unterzeichnung des Koalitionsvertrages ein Großteil der Maßnahmen noch nicht ausreichend angegangen wurden, beziehungsweise sogar Verschlechterungen in einigen Bereichen beobachtet wurden. Der Deutsche Startup-Monitor (DSM) 2015, eine jährliche Befragung unter rund 1000 Start-ups in Deutschland, gab der Start-up-Politik der Bundesregierung lediglich die Note „ausreichend“ – aber immerhin mit steigender Tendenz.

Deutschland braucht Digital-Hubs

Neben den Rahmenbedingungen, die die Politik der Start-up-Branche vorgibt, gehört zur Transformation der Wirtschaft auch konkretes Standortmarketing. Lokale digitale Ökosysteme, so genannte Hubs, müssten die Global Player der Branchen mit Mittelstand und Start-ups zusammenbringen, meint Bitkom-Präsident Thorsten Dirks:

„Diese Orte der digitalen Transformation müssen und können so attraktiv sein, dass sich Unternehmen aus der ganzen Welt darum reißen, dort mit dabei sein zu dürfen.“

Bisher sei dies noch nicht der Fall. Laut einer Umfrage des Bitkoms geben zwar 47 Prozent der Start-ups an, dass sich ihre Situation in den vergangenen zwei Jahren verbessert hat. Aber nur 44 Prozent der Gründer würden sich wieder für den Standort Deutschland entscheiden. Ein Drittel wäre lieber in den USA. Für ein gutes Klima in der Start-up-Szene kommt es aber nicht nur auf harte Regulierungsfaktoren an, denn Start-ups stehen auch für die neue, junge, internationale Arbeitswelt. Eine Willkommenskultur, Mietpreise und Work-Life-Balance werden in Rankings regelmäßig zum Vergleich der Start-up-Cities herangezogen.

Goodbye London: Wird Berlin die neue Start-up-Hauptstadt Europas?CC by 2.0 Flickr User E01/Titel:
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London-Flucht der Start-ups

Seit dem Brexit-Votum im Juni sieht es nun allerdings so aus, als ob London seinen Spitzenreiterplatz im Ranking verlieren würde. Unsere Kollegen im BASECAMP debattieren schon, ob Start-ups besser nach Berlin oder Bayern ziehen sollen. Auf jeden Fall haben über hundert Londoner Start-ups bereits die Berliner Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer kontaktiert, um sich über eine Firmenumsiedlung nach Berlin zu informieren. Die frisch eröffnete Wirtschaftsrepräsentanz in der britischen Hauptstadt soll für die Unternehmen, die an einem Umzug nach Berlin interessiert sind, eine erste Anlaufstelle sein. Der Bundesverband Deutsche Startups kommentiert:

„Die deutsche Startup-Hauptstadt Berlin ist der Gewinner des Brexit, London der Verlierer. So deutlich wie unsere Analyse ist, sagen wir auch: Es ist ein Sieg, den wir nicht wollen und nicht feiern werden. Wir sehen uns schon lange nicht mehr als deutsche oder britische Gründer. Wir sind europäische Gründer“

 

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