Zwei Jahre Digitale Agenda auf UdL Digital – Interview-Highlights

Zwei Jahre Digitale Agenda: die Highlights von UdL Digital
Zwei Jahre Digitale Agenda: die Highlights von UdL Digital
Veröffentlicht am 05.09.2016

Mit dem 36-seitigen Strategiepapier Digitale Agenda 2014-2017 hat die Bundesregierung im August 2014 zum ersten Mal ein digitalpolitisches Grundsatzprogramm für Deutschland verabschiedet. Die Federführung teilen sich das SPD-geführte Bundeswirtschaftsministerium (BMWi), das CDU-geführte Bundesinnenministerium (BMI) und das CSU-geführte Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). Aufgabe der Staatssekretäre ist dabei, die notwendigen Maßnahmen zu koordinieren und den Prozess zu steuern. Die Digitale Agenda erntete von Anfang an viel Lob – endlich eine Digitalisierungsstrategie! – und mindestens genauso viel Kritik. Die Pläne würden hauptsächlich die Wirtschaft betreffen, während zu wenig Augenmerk auf der Digitalisierung der gesamten Gesellschaft liege, hieß es. Darüber hinaus mangelte es nach Ansicht der Kritiker an konkreten Maßnahmen und einem Zeitplan für deren Umsetzung.

Auch UdL Digital war in den vergangenen zwei Jahren ein Ort der Diskussion über die Digitale Agenda. Immer wieder haben wir Politiker und Stakeholder eingeladen, uns im Interview von ihren Erwartungen an das „digitale Hausaufgabenheft“ der Regierung zu berichten und uns auch ihre Kritik an dem Konzept zu verraten. Anlässlich des Jubiläums blicken wir auf die Höhepunkte und Hauptaspekte der Debatte zurück:

Breitbandausbau als Grundlage

In der Politik stieß die Digitale Agenda zunächst auf eine gespaltene Resonanz. Für Thomas Jarzombek, netzpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, war die ressortübergreifende Gesamtstrategie ein „guter Start“. Dieter Janecek, wirtschaftspolitischer Sprecher Der Grünen, kritisierte hingegen die Kompetenzverteilung zwischen den drei Ministerien, die für die rasche Umsetzung der Digitalen Agenda „nicht gerade förderlich“ sei. Für viele Stakeholder war der Breitbandausbau der wichtigste Aspekt der Digitalen Agenda. „Weil er die Grundlage für alle anderen Maßnahmen ist“, erklärte Lars Klingbeil, netzpolitischer Sprecher der SPD, im Interview mit UdL Digital im September 2014. Insbesondere „gleichberechtigte Teilhabe aller am Internet“ müsse der Breitbandausbau garantieren, meinte Halina Wawzyniak, netz- und rechtspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag. Dazu seien auch die gesetzliche Sicherung der Netzneutralität und die Abschaffung der Störerhaftung nötig.

Thomas Jarzombek MdB, CDU-Digitalexperte, diskutiert die Digitale Agenda auf UdL Digital, Foto: Tobias Koch
Thomas Jarzombek MdB, CDU-Digitalexperte, diskutiert die Digitale Agenda auf UdL Digital, Foto: Tobias Koch

Eine digitale Infrastruktur für die Industrie 4.0

Die Digitale Agenda sieht vor, dass es bis zum Jahr 2018 in Deutschland eine flächendeckende Breitband-Grundversorgung mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde geben soll. Der Ausbau der digitalen Infrastruktur als Herzstück der Digitalen Agenda ist der Grundstein für die digitale Wirtschaft der Zukunft, hinter den sich alle interviewten Stakeholder auf UdL Digital stellen. Die gemeinsame Gestaltung dieses Prozesses von Wirtschaft und Politik stand für das BMVI im Laufe der vergangenen Jahre im Vordergrund. Parlamentarische Staatssekretärin, Dorothee Bär, zeigte sich im Interview mit UdL Digital im Juni 2015 zuversichtlich: „Beim Netzausbau ziehen Bundesregierung und Wirtschaft an einem Strang. Gemeinsam werden wir das Breitbandziel erreichen.“ Das Ministerium hatte 2014 mit der „Netzallianz Digitales Deutschland“ ein Forum für Politik und die am Breibandausbau beteiligten Netzunternehmen geschaffen.

Dorothee Bär zu Breitbandzielen der Digitalen Agenda auf UdL Digital
Staatssekretärin Dorothee Bär MdB (CSU) zu Breitbandzielen der Digitalen Agenda auf UdL Digital, Foto: E-Plus Gruppe

Doch darüber, dass das 50 Mbit-Ziel nur eine Zwischenetappe sein kann, sind sich die interviewten Stakeholder auf UdL Digital, allen voran die Verbände, einig. Nach Ansicht von Dr. Andrea Huber, Geschäftsführerin des Verbands Deutscher Kabelnetzbetreiber (ANGA), fehle es noch an einer Hochgeschwindigkeitsstrategie für die zukünftige Versorgung mit Bandbreiten jenseits von 50 Mbit/s. Im Interview mit UdL Digital sprach sie über den „Datenhunger“, den neuen Anwendungen wie Streaming- oder Clouddienste bei Verbrauchern und der Wirtschaft hervorrufen. Klärungs- und Handlungsbedarf sahen Mark Kessler vom Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) und  Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM), noch bei den politischen Rahmenbedingungen für den Breitbandausbau in ländlichen Gebieten.

Für eine digitale Wirtschaft sei neben einer modernen Infrastruktur aber noch ein gesamtheitliches Umdenken vonnöten, sagte Brigitte Zypries, Parlamentarische Staatssekretärin beim BMWi, im Interview mit UdL Digital. Die Innovationsplattformen ihres Ministeriums sollen die „Digitalisierung der Wirtschaft und Industrie 4.0 so in die Breite bringen, dass jedes kleine und mittelständische Unternehmen sowie jeder Handwerksbetrieb sich darüber Gedanken gemacht hat, wie sein Geschäftsmodell in der digitalen Welt fortgeführt bzw. neu gestaltet werden kann.“

Brigitte Zypries zur Digitalisierung der Wirtschaft und Industrie 4.0 auf UdL Digital
Staatssekretärin Brigitte Zypries MdB (SPD) zur Digitalisierung der Wirtschaft und Industrie 4.0 auf UdL Digital, Foto: E-Plus Gruppe

Digital, aber sicher

Auch Datenschutz und Datensicherheit sind wichtig für eine digitale Wirtschaft.  Als Meilenstein hatte das an der Digitalen Agenda beteiligte BMI 2015 das IT-Sicherheitsgesetz auf den Weg gebracht. Über das IT-Sicherheitsgesetz sowie über das Mammutprojekt Digitalisierung der Verwaltung sprach Staatssekretär Klaus Vitt im Interview mit UdL Digital. Als gesamtgesellschaftlichen Prozess begreift Dr. Michael Littger von Deutschland sicher im Netz (DsiN) die Informationssicherheit in der digitalisierten Welt. Deswegen benötige es eine breite „digitale Aufklärung“, also die Vermittlung von sicherheitsrelevantem Wissen an Bürger und Unternehmen für einen souveränen Umgang mit der digitalen Welt.

Um Sicherheit für Bürger und Wirtschaft in der digitalisierten Welt zu garantieren, brauche es aber noch mehr Maßnahmen, die über IT-Sicherheit hinausgingen. Die Passagen zum Verbraucherschutz in der digitalen Welt seinen in der Digitalen Agenda „deutlich zu knapp gehalten“, meinte Lenz Queckenstedt vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Auch der politische Referent des Vereins Digitale Gesellschaft Volker Tripp kritisierte im Interview auf UdL Digital die einseitige Ausrichtung der Digitalen Agenda. Digitale Infrastruktur und Digitale Wirtschaft und die damit verbundene IT-Sicherheit bildeten den größten Teil, den wichtigen gesellschaftlichen Fragen wie den digitalen Bürgerrechtenräume die Bundesregierung hingegen zu wenig Raum ein.

Bildung in einer digitalisierten Welt

Obwohl Bildung Ländersache ist, enthält die Digitale Agenda Eckpunkte, wie sich die Bundesregierung das „digitale Klassenzimmer“ der Zukunft vorstellt. Laut Marlis Tepe, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), habe die Bundesregierung eine einmalige Chance, durch Förderung von freiem Zugang zu Wissen im Netz für mehr Chancengleichheit in der Bildung zu sorgen. Doch die Digitale Agenda enthalte ihrer Meinung nach für den Wissenschafts- und Bildungsbereich zwar viele Ankündigungen zum zukünftigen Engagement, aber keine konkrete Pläne oder Zusagen. Dieser Ansicht war auch Lars Klingbeil (SPD), der sich für die Digitale Agenda „trotz der komplexen Zuständigkeiten-Frage konkretere Vorhaben im Bereich Digitale Bildung“ gewünscht hätte.

Lars Klingbeil SPD
Lars Klingbeil MdB, SPD-Digitalexperte, zur Digitalen Agenda und Bildung auf UdL Digital, Quelle: Lars Klingbeil

Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz Dr. Claudia Bogedan  sah für die Bundesregierung beim Interview mit UdL Digital im vergangenen Jahr gerade beim Thema digitale Infrastruktur für Bildungseinrichtungen konkreten Handlungsbedarf. Denn beim Digitalisierungsupdate fürs Klassenzimmer fallen ihrer Einschätzung nach Kosten an, die Länder und vor allem auch Kommunen als Schulträger nicht alleine tragen können. Noch gibt es Chancen, dass sich die Hoffnungen der Politiker und Stakeholder erfüllen:  Das Thema digitale Bildung steht dieses Jahr beim Nationalen IT-Gipfel der Bundesregierung in Saarbrücken im Mittelpunkt.

Zukunft der Digitalen Agenda

Auch die Frage nach der Zukunft der Digitalen Agenda nach dem Jahr 2017 wird ein Jahr vor der Bundestagswahl immer lauter. Das  Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte im Frühjahr dieses Jahres mit der „Digitalen Strategie 2025“ bereits eine ressortübergreifende Nachfolgestrategie für die Digitale Agenda vorgelegt. Staatssekretär Matthias Machnig erläuterte im Interview mit UdL Digital, welche Schwerpunkte das Bundeswirtschaftsministerium in der Nach-Agenda-Zeit setzen will.

Matthias Machnig auf UdL Digital zur Strategie 2025, Foto: (c) BMWi, Michael Voigt
Staatssekretär Matthias Machnig: Digitalisierung gestalten, Foto: BMWi, Michael Voigt

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