Bundestagswahl 2017: Wie wichtig ist Big Data?

Foto: CC BY-SA 2.0 Flickr User: Blue Coat Photos. Bildname: Secure Data - Data Security. Ausschnitt bearbeitet
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Veröffentlicht am 05.07.2017

In den USA spielt Big Data im Wahlkampf und bei der politischen Kommunikation eine große Rolle. Manche Experten behaupten, die gezielte Datennutzung habe die Wahl dort entschieden. In Deutschland steckt die Big-Data-Nutzung noch vergleichsweise in den Kinderschuhen, ist aber durchaus ein wichtiges Thema im Rennen um die Wählerstimmen bei der Bundestagswahl. Dabei geht es weniger um die Auswertung von Daten für die Wahlkampfstrategie als um gezielte Kommunikation und Mobilisierung.

Persönliche Wahlkampfwerbung im Netz

Statt Plakate für alle liegt in der Werbung das Targeting im Trend. Es ist eine Methode, die Nutzern Ads zeigt, die gezielt mit ihren Interessen und ihrem Verhalten im Netz abgestimmt sind. Und auch die deutschen Parteien im Wahlkampf nutzen die Algorithmen der Online-Werbemarktführer Google und Facebook, die auf umfangreiche Daten ihrer Plattformen zugreifen und danach Nutzerprofile erstellen. Sie beinhalten Informationen, was Nutzer im Web als Suchwörter eingeben, welche Posts oder Videos sie mit „Likes“ versehen oder welchen Facebook-Gruppen sie beitreten und YouTube-Kanälen sie folgen. Die „30-Jährige Frau mit Kindern“ etwa bekommt dann gesponserte Facebook-Posts oder Wahlwerbung über Familienpolitik. Außerdem bieten die großen Internet-Plattformen auch selbst Analyse Tools, die anonymisierte Daten von Sozialen Netzwerken auswerten.

Big Data beim Haustürwahlkampf

Die Innovation des Bundestagswahlkampfs 2017 ist die App für den Hausbesuch. Sie unterstützt Wahlkampfhelfer beim Klinkenputzen. Mit Hilfe von Big Data und intelligenten Algorithmen zeigt die App ihnen auf demographischen Karten an, wo potenzielle Wähler wohnen und beispielsweise welche Altersgruppen vertreten sind. Die CDU war mit „Connect17“ bereits in NRW unterwegs, die SPD stellte im März die App „Kampa17“ vor. Die Apps werden von den Wahlkampfunterstützern selbst vervollständigt, in dem sie in die Karten eintragen, wo sie parteiaffine Bürger angetroffen haben. Die Daten helfen außerdem bei der Analyse des Haustürwahlkampfs nach der Wahl oder in Verbindung mit Umfrageprognosen.

Datenanalyse und Wahlkampfstrategie

Für diese und ähnliche Analysen haben alle Parteien Datenanalysten in ihren Wahlkampfteams, die natürlich auch mit Big Data arbeiten. Sie werten Erfahrungen aus dem vergangenen Wahlkampf, Daten von Veranstaltungen und andere Methoden aus, analysieren Ansprache, Frequenz und Follow-Ups von Wählergruppen und Unterstützern. Die SPD kündigte 2015 gar an, Jim Messina zu beschäftigen, einer der Datenarchitekten der Obama-Kampagne.

Dennoch ist Deutschland weit vom „gläsernen Wähler“ wie in den USA entfernt, denn deutsche Parteien unterstehen schärferen Regelungen im deutschen und europäischen Datenschutzrecht. Demnach dürfen Daten nur zu bestimmten Zwecken gesammelt und verbreitet werden – und auch keine personenbezogenen Daten genutzt werden. Die Umsetzung ist bei außereuropäischen Unternehmen zwar mitunter schwierig, dennoch ist der Zugang zu Daten stark eingeschränkt. In den USA können Parteien über viele behördliche und private Daten zugreifen.

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Foto: CC BY-SA 2.0 Flickr User: Blue Coat Photos. Bildname: Secure Data – Data Security. Ausschnitt bearbeitet

Verfügbare Daten

Bei den Daten, die Parteien in Deutschland zur Verfügung stehen, können drei Kategorien unterscheiden werden: Zu First-Party-Daten haben sie direkten Zugriff aus ihrem eigenen Pool; darunter fallen Mitgliedernamen, Adressen, Newsletter-Abonnenten, Spenderverzeichnisse oder Freiwillige, die in der Vergangenheit an Veranstaltungen teilgenommen haben. Second-Party-Daten sind Informationen von Dritten, wie zum Beispiel Facebook-Daten. Third-Party-Daten sind allgemein zugängliche Informationen wie demografische Angaben, Ergebnisse vergangener Wahlen oder Arbeitslosenzahlen. Parteien dürfen außerdem auf das Melderegister zugreifen.

Eine systematische, gezielte und vorausschauende Datenerfassung über Wähler – wie in den USA – gibt es in Deutschland nicht und die Nutzung von Big Data ist im deutschen Wahlkampf noch eingeschränkt. Aber nicht nur die Verfügbarkeit, auch die deutsche Skepsis im Hinblick auf Targeting und Datenschutz stehen einem intensiven Datenwahlkampf hierzulande entgegen.

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